Discussion:
[Japan] Pünktlichkeit durch Psychoterror
(zu alt für eine Antwort)
Joerg Schroeter
2005-04-29 10:00:16 UTC
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http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4296136_NAV_REF1,00.html

Von Martin Fritz, ARD-Hörfunkstudio Tokio

Wo liegt ein großer Unterschied zwischen Japanern und Deutschen? Japaner
erwarten, dass ein Zug pünktlich kommt. Deutsche nicht. Japaner sind
sogar regelrecht besessen von der Pünktlichkeit ihrer Bahnen, dem
wichtigsten Transportmittel des Landes. Zum Beispiel bei den Shinkansen,
den Superschnellzügen. Ihre durchschnittliche Verspätung beträgt derzeit
- sechs Sekunden.

Dennoch will das Unternehmen noch pünktlicher werden. Was die wenigsten
ahnen: Die Angestellten der Bahnunternehmen zahlen dafür einen hohen
Preis. Denn sie werden teilweise hart dafür bestraft, wenn ihre Züge
nicht auf die Sekunde genau abfahren.
Verhöre, Beschimpfung und Strafaktionen

Bei der japanischen Eisenbahngesellschaft JR West werden Fahrer und
Schaffner mit Verspätungen in einer Nachschulung psychisch derartig
gequält, dass japanische Anwälte offen von Menschenrechtsverletzungen
sprechen. Bei der Nachschulung werden die Angestellten zum Beispiel
nächtelang verhört und dabei heftig beschimpft.

Manche müssen sinnlose Berichte schreiben oder stundenlang Unkraut
jäten. Andere müssen an einem Bahnhof die Fahrer jedes Zuges grüßen und
werden auf diese Weise an den Pranger gestellt. Mehrfachtäter müssen
sich schriftlich dazu verpflichten, bei erneutem Fehlverhalten ihren Job
zu kündigen.

Die Nachschulung ist so grausam, dass mehrere Bahnangestellte sich
danach selbst töteten. Vor vier Jahren beging ein Lokführer Selbstmord,
der wegen einer Verspätung von 50 Sekunden drei Wochen nachgeschult wurde.
Angst mit tödlichen Folgen?

Zugunglück in Amagasaki, Japan (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes
[Bildunterschrift: Entgleist und in ein Hochhaus gerast: Pendlerzug in
Amagasaki]
Diese Zwangsmethoden sind nach Ansicht der Eisenbahnergewerkschaft auch
der Grund für das Zugunglück am Montag, der größten Bahnkatastrophe in
Japan seit mehr als 40 Jahren. Über 100 Fahrgäste starben, als ein
vollbesetzer Pendlerzug in ein neunstöckiges Wohnhaus raste. Die
Unglücksursache: Der 23-jährige Fahrer war viel zu schnell in eine
scharfe Kurve gefahren.

Als seine Leiche gestern geborgen wurde, hielt seine Hand noch die
Bremse umklammert. Sein Motiv für die Raserei: Er wollte 90 Sekunden
Verspätung aufholen. Der Vizechef der Eisenbahnergewerkschaft, Osamu
Yomono, weist darauf hin, dass der Fahrer bereits eine 13-tägige
Nachschulung mitgemacht hat: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass er eine
solche Behandlung in seinem ganzen Leben nicht noch einmal erleben
wollte. Er hat daher verzweifelt versucht, die Verspätung aufzuholen, um
dieser schrecklichen Strafe zu entgehen, deshalb fuhr er so schnell."

Die großen japanischen Zeitungen und Fernsehsender haben über diese
Tatsache bisher nicht berichtet - möglicherweise auf Druck der
japanischen Bahngesellschaft JR West, die Klagen von Opfern und
Angehörigen fürchten muß. Aus dem Unglück lernen will der Betreiber aber
nicht: Als erstes japanisches Bahnunterunternehmen hat JR West gerade
einen neuen Leistungsfaktor eingeführt, der sich auf die Formel
verkürzen läßt: Je pünktlicher die Züge, desto höher die Löhne.
--
Email an joesch (Punkt) ro [at] T-online (de)
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Will Berghoff
2005-04-29 13:12:25 UTC
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Das Verfahren der "Nachschulung" und der übrige Psychoterror bei den
Westliche Eisenbahnen (u.a. anderswo?) ist mit der
UN-Menschenrechtskonvention nicht vereinbar.

Vielleicht möchte Tony Blair dort einmal "einen Befreiungsschlag" führen,
statt im Irak?

Ich denke wirklich, dass dies ein Fall für die Weltpolitik ist, denn allem
Anschein nach ist Japan auf dem Rücken derart geschundener Menschen zu
seiner wirtschaftlichen Stärke gekommen. Natürlich haben wir das schon
vorher gewusst, soweit man sich mal mit der japanischen Unternehmens- und
Gesellschaftsstruktur beschäftigt hat. Aber man freut sich eben über die
Qualität von Mazda, Toyota und Nissan, oder?

Aufmerksamkeit erreicht man vielleicht durch eine Solidaritätsaktion aller
europäischer Eisenbahner?

Dann wird sich Herr Koizumi wieder mal vor der Welt verbeugen und lächelnd
zum Tagesgeschäft zurückkehren.

Gruß
Will
Joerg Schroeter
2005-04-29 15:35:04 UTC
Permalink
Post by Will Berghoff
Gesellschaftsstruktur beschäftigt hat. Aber man freut sich eben über die
Qualität von Mazda, Toyota und Nissan, oder?
Seit gestern nicht mehr. Der ADAC hat Audi & Co. in der Pannenstatistik
gekrönt. Schlußlicht ist Fiat Punto (den ich Idiot meiner Frau
"schenkte"). Also auch in Japan ist das Wirtschaftsleben der restlichen
Welt angekommen.
Trotzdem sind es eben "andere" Menschen.
Jörg
--
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Frank Adam
2005-04-29 18:31:40 UTC
Permalink
Post by Will Berghoff
Ich denke wirklich, dass dies ein Fall für die Weltpolitik ist, denn
allem Anschein nach ist Japan auf dem Rücken derart geschundener
Menschen zu seiner wirtschaftlichen Stärke gekommen.
Meine volle Zustimmung zu dieser Aussage!
Post by Will Berghoff
Natürlich haben
wir das schon vorher gewusst, soweit man sich mal mit der japanischen
Unternehmens- und Gesellschaftsstruktur beschäftigt hat. Aber man
freut sich eben über die Qualität von Mazda, Toyota und Nissan, oder?
Ja ja, Sony... Panasonic... natürlich muss ich mir an die eigene Nase
fassen! Aber aufgrund der Fakten, die (unter anderem auch) anlässlich dieses
Unfalls über die japanische Unternehmensstruktur bekannt geworden sind,
werde ich ab sofort keinerlei japanische Produkte mehr erwerben.

Gruß Frank
Klaus von der Heyde
2005-04-29 20:31:50 UTC
Permalink
Post by Joerg Schroeter
Von Martin Fritz, ARD-Hörfunkstudio Tokio
Wo liegt ein großer Unterschied zwischen Japanern und Deutschen? Japaner
erwarten, dass ein Zug pünktlich kommt. Deutsche nicht.
Ach? Und warum höre und lese ich dann immer von der unzufriedenheit
wegen verspäteter züge in Deutschland?

Klaus
Thomas Gabler
2005-04-30 07:09:04 UTC
Permalink
Post by Klaus von der Heyde
Post by Joerg Schroeter
Von Martin Fritz, ARD-Hörfunkstudio Tokio
Wo liegt ein großer Unterschied zwischen Japanern und Deutschen? Japaner
erwarten, dass ein Zug pünktlich kommt. Deutsche nicht.
Ach? Und warum höre und lese ich dann immer von der unzufriedenheit
wegen verspäteter züge in Deutschland?
Klar meckern sie, aber sie *erwarten* doch wohl nicht, dass der Zug
pünktlich ist ("kommt doch eh wieder zu spät!").

Tom
--
The only problem with troubleshooting is that sometimes the trouble
shoots back
***@gmx.de
http://www.thomas-gabler.de
Stefan Reuther
2005-04-30 11:00:37 UTC
Permalink
Post by Klaus von der Heyde
Post by Joerg Schroeter
Von Martin Fritz, ARD-Hörfunkstudio Tokio
Wo liegt ein großer Unterschied zwischen Japanern und Deutschen? Japaner
erwarten, dass ein Zug pünktlich kommt. Deutsche nicht.
Ach? Und warum höre und lese ich dann immer von der unzufriedenheit
wegen verspäteter züge in Deutschland?
Ich nehme mal an, dass der durchschnittliche Bahnbenutzer in .de um +/-
3 Minuten kein Aufhebens macht, solange seine Anschlüsse klappen. Wie
bitte misst man eine Verspätung von 6 Sekunden?

Ärgerlich ist halt, wenn auch sichere Pufferzeiten aufgefressen werden.
Mein bisher schlimmstes Beispiel: Fahrt von Leipzig-Ost nach DD mit
Sachsenticket. Das bedeutet fahrplanmäßig: 5 Minuten S-Bahn von L-Ost
nach L-Hbf, 15' warten, RB (oder RE?) von L nach DD. Es bedeutete bei
mir: 25' S-Bahn (weil das Teil irgendwie im Tunnel im Bahnhofsvorfeld
verreckt ist, und kein Zub in der Nähe, der die RB aufhalten hätte
können), 55' warten, nächste RB fahren (die zu allem Übel dann auch noch
mit +30 in DD ankam). Und ich Depp hab das Angebot ausgeschlagen, als
fünfter Mann in einem Golf mitzufahren ("zu eng, und das Bahnticket ist
bezahlt"). Wenn solche Verbindungen zuverlässig klappen würden, wäre ich
schon mal zufrieden. +/- 6 Sekunden kann ich mangels Armbanduhr eh nicht
messen. Und selbst, wenn: wenn auf dem Bahnsteig Gedränge herrscht, wird
selbst diese Pünktlichkeit aufgefressen.

Hätte ich hier eigentlich Anspruch darauf gehabt, im IC mitfahren zu
dürfen? Das wären nur ~20' Wartezeit gewesen. Die Servicepoint-
Mitarbeiterin verneinte dies, aber in dieser GABELN hab ich auch schon
das Gegenteil gelesen.


Stefan
Jan Borchers
2005-04-30 11:21:56 UTC
Permalink
Post by Stefan Reuther
Post by Klaus von der Heyde
Ach? Und warum höre und lese ich dann immer von der unzufriedenheit
wegen verspäteter züge in Deutschland?
Ich nehme mal an, dass der durchschnittliche Bahnbenutzer in .de um +/-
3 Minuten kein Aufhebens macht, solange seine Anschlüsse klappen. Wie
bitte misst man eine Verspätung von 6 Sekunden?
Kein Problem, es gbit Betriebsführungssysteme, die Verspätungen ab 6 sec
erfassen. Die Trassen sind entsprechend konstruierbar.

Viele Grüße

Jan
André Brandily
2005-05-02 07:14:37 UTC
Permalink
Post by Jan Borchers
Kein Problem, es gbit Betriebsführungssysteme, die Verspätungen ab 6 sec
erfassen. Die Trassen sind entsprechend konstruierbar.
Klaro, wenn Störfaktor Nummer 1 nicht wäre: Der Fahrgast, der nicht in
der kalkulierten Anzahl auftritt und nicht mit der kalkulierten
Geschwindigkeit einsteigt. Dumm gelaufen...

mfg
Andre
Niklas Luerßen
2005-04-30 11:31:38 UTC
Permalink
Post by Stefan Reuther
Hätte ich hier eigentlich Anspruch darauf gehabt, im IC mitfahren zu
dürfen?
Ja, gemäß §9.1.2 DB-Bahntarif
Post by Stefan Reuther
Das wären nur ~20' Wartezeit gewesen. Die Servicepoint-
Mitarbeiterin verneinte dies, aber in dieser GABELN hab ich auch schon
das Gegenteil gelesen.
Stefan
Thomas Heier
2005-04-30 15:51:08 UTC
Permalink
Post by Stefan Reuther
Wie
bitte misst man eine Verspätung von 6 Sekunden?
Statistik...
--
Gruß aus Henstedt-Ulzburg, Deutschlands größtem
Dorf (Schleswig-Holstein, Kreis Segeberg).
Bei emails bitte beachten: Keine vollständig englischen Überschriften
(Subjekt) verwenden, sowas wird automatisch ungelesen gelöscht!
Joerg Schroeter
2005-04-30 19:42:00 UTC
Permalink
Post by Thomas Heier
Statistik...
Die Rede war von >>Messen<<. Statistik wird nicht gemessen sondern aus
einer Ansammlung fraglicher Zahlen (man geht von 10% Abweichung aus -
bei der amtlichen Statistik wohlgemerkt) werden über ominöse
Berechnungen, die der Normalsterbliche nicht versteht, Ergebnisse
gebracht. Und dann wird um die dritte Stelle hinterm Komma gestritten.
Jörg (der an der statistischen Quelle sitzt)
--
Email an joesch (Punkt) ro [at] T-online (de)
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Thomas Heier
2005-05-01 07:33:33 UTC
Permalink
Post by Joerg Schroeter
Die Rede war von >>Messen<<. Statistik wird nicht gemessen sondern aus
einer Ansammlung fraglicher Zahlen (man geht von 10% Abweichung aus -
bei der amtlichen Statistik wohlgemerkt) werden über ominöse
Berechnungen, die der Normalsterbliche nicht versteht, Ergebnisse
gebracht.
Nicht nur. Wenn eine *durchschnittliche* Verspätung 6 Sekunden lang ist,
dann können einige 0, andere 10, weite 120 Sekunden ang sein.
--
Gruß aus Henstedt-Ulzburg, Deutschlands größtem
Dorf (Schleswig-Holstein, Kreis Segeberg).
Bei emails bitte beachten: Keine vollständig englischen Überschriften
(Subjekt) verwenden, sowas wird automatisch ungelesen gelöscht!
Martin Theodor Ludwig
2005-04-30 20:11:48 UTC
Permalink
On Sat, 30 Apr 2005 13:00:37 +0200, Stefan Reuther
Wie bitte misst man eine Verspätung von 6 Sekunden?
Die 6 Sekunden waren als *Durchschnittswert* genannt. Die Frage ist dann
eher, in welchen Zeiteinheiten bzw. mit welcher Genauigkeit die Japaner
ihre Verspätungen messen.

Bis dann, Martin
--
Autoreisezüge in Europa: http://www.autoreisezuege.org
Will Berghoff
2005-05-01 07:20:12 UTC
Permalink
Post by Martin Theodor Ludwig
Wie bitte misst man eine Verspätung von 6 Sekunden?
Die 6 Sekunden waren als *Durchschnittswert* genannt. Die Frage ist dann
eher, in welchen Zeiteinheiten bzw. mit welcher Genauigkeit die Japaner
ihre Verspätungen messen.
wenn hier jeder 2. Zug eine halbe Stunde zu früh eintrifft, schaffen wir das
auch...

SCNR
Will
Andreas Pavlik
2005-05-02 08:14:19 UTC
Permalink
On Sat, 30 Apr 2005 22:11:48 +0200, Martin Theodor Ludwig
Post by Martin Theodor Ludwig
Die 6 Sekunden waren als *Durchschnittswert* genannt. Die Frage ist dann
eher, in welchen Zeiteinheiten bzw. mit welcher Genauigkeit die Japaner
ihre Verspätungen messen.
Es ging da vermutlich um die Aufenthaltszeiten (und indirekt wohl auch
um Verspätungen): In den Shinkansen-Bahnhöfen habe ich immer wieder
den "Platform-Manager" mit einer Stoppuhr in der Hand gesehen. Abseits
der Haupstrecken geht es allerdings auch in Japan viel gemütlicher zu.
Und nach meinen (subjektiven und sicher nicht vollständigen)
Beobachtungen, dürfte die Pünktlichkeit den verschiedenen regionalen
Bahngesellschaften auch verschieden wichtig sein. JR Kyushu scheint da
ganz anders zu sein als die am Beginn des threads angsprochenen JR
West: Auf Nebenstrecken scheinen ein paar Minuten wirklich egal zu
sein und selbst auf einer Hauptstrecke habe ich es erlebt, dass ein
bereits angefahrener "limited express" am Bahnsteigende wieder
anhielt, weil eine Familie mit Kleinkind im Kinderwagen den Bahnsteig
entlanghetzte und noch mitkommen wollte.

Andreas
André Brandily
2005-05-02 07:12:18 UTC
Permalink
Post by Stefan Reuther
Ich nehme mal an, dass der durchschnittliche Bahnbenutzer in .de um +/-
3 Minuten kein Aufhebens macht, solange seine Anschlüsse klappen. Wie
bitte misst man eine Verspätung von 6 Sekunden?
Vor ein paar Jahren hat die BahnZeit einen Artikel gebracht, in dem es
um ein internationales Eisenbahnertreffen (vermutlich "Manager") ging.
Da hieß es (als Wink mit dem Zaunpfahl, daß wir uns daran ein Beispiel
nehmen könnten), daß die Japaner sich schon bei ihren Fahrgästen
entschuldigen, wenn sie 10 Sekunden zu spät abfahren.
Dazu kann ich nur sagen: Strickt erst mal die Fahrpläne so, daß man zur
Planzeit *ankommen* kann. Danach können wir uns mal über die planmäßige
Abfahrt unterhalten. Davon abgesehen ist dieses Getue um ein paar
Sekunden einfach lächerlich. Ein glückliches Volk, daß keine anderen
Sorgen hat.

mfg
Andre
André Brandily
2005-05-03 06:28:21 UTC
Permalink
Post by André Brandily
Ein glückliches Volk, daß keine anderen
Sorgen hat.
Oh Graus, und das mir. Es muß natürlich "das" heißen.

mfg
Andre
Dominik Vinbruck
2005-04-29 22:10:21 UTC
Permalink
Post by Joerg Schroeter
Dennoch will das Unternehmen noch pünktlicher werden. Was die wenigsten
ahnen: Die Angestellten der Bahnunternehmen zahlen dafür einen hohen
Preis. Denn sie werden teilweise hart dafür bestraft, wenn ihre Züge
nicht auf die Sekunde genau abfahren.
Verhöre, Beschimpfung und Strafaktionen
Erschreckend. Wenn das in dem Ausmaß stimmt, gibt es nach meiner
Ansicht keine Rechtfertigung mehr dafür, die Pünktlichkeit der
japanischen Bahnen als leuchtendes Beispiel für die DB hinzustellen.

Zwar merken auch wir in Deutschland, dass gutes Personal pünkt-
licher fährt als nachlässiges - aber positive Motivation darf
der einzige Weg dahin sein.

Viele Grüße
Dominik
--
Funkenburg Dortmund | mailto:***@uni-dortmund.de
Frank Adam
2005-04-30 08:35:05 UTC
Permalink
Post by Dominik Vinbruck
Erschreckend. Wenn das in dem Ausmaß stimmt, gibt es nach meiner
Ansicht keine Rechtfertigung mehr dafür, die Pünktlichkeit der
japanischen Bahnen als leuchtendes Beispiel für die DB hinzustellen.
Nach dem, was anlässlich dieses Unfalles (und auch schon früher) über die
japanische Unternehmens-"Kultur" bekannt geworden ist, dürfte meiner Meinung
nach kein einziges japanisches Produkt mehr als leuchtendes Beispiel für
irgend etwas hingestellt werden. Zumindest so lange nicht, bis sich bei der
Personalführung in japanischen Unternehmen einiges *grundlegend* ändert.
Post by Dominik Vinbruck
Zwar merken auch wir in Deutschland, dass gutes Personal pünkt-
licher fährt als nachlässiges - aber positive Motivation darf
der einzige Weg dahin sein.
Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Eine Mitarbeiter-"Motivation", die auf
psychischem Druck aufbaut, ist nicht nur unmenschlich, sondern gefährlich.
Gutes Personal erhält man in der Tat nur durch positive Motivation.

Gruß Frank
Reinhard Greulich
2005-04-30 10:45:36 UTC
Permalink
Post by Frank Adam
Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Eine Mitarbeiter-"Motivation", die auf
psychischem Druck aufbaut, ist nicht nur unmenschlich, sondern gefährlich.
Gutes Personal erhält man in der Tat nur durch positive Motivation.
Das Letztere ist allerdings kurzfristig deutlich teurer als einfach
die Leute unter Druck zu setzen. Langfristig nicht, aber das
überschreitet den Horizont eines durchschnittlichen
Manager-Fünfjahresvertrages.

Gruß - Reinhard.
--
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Joerg Schroeter
2005-04-30 12:09:06 UTC
Permalink
Post by Frank Adam
Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Eine Mitarbeiter-"Motivation", die auf
psychischem Druck aufbaut, ist nicht nur unmenschlich, sondern gefährlich.
Gutes Personal erhält man in der Tat nur durch positive Motivation.
Aber haben wir hier bei uns nicht auch diesen Psycho-Druck. Sicher nicht
wie beschrieben, aber irgendwie doch schon. Die allermeisten machen doch
Überstunden ohne Bezahlung (ich hebe mal den Finger) weil man immer den
Druck hat, durch Andere ersetzt zu werden. Das Ersatz-"Material" (siehe
Unwort des Jahres) ist ja in Höhe von 5 Mio vorhanden.
Und statt durch mehr Personal die Leute zu entlasten, wird nur indirekt
mehr gefordert. Gewinnmaximierung. Und da hat irgendwie Müntefering
Recht, wenn er die Kapitalismuskritik anbringt. Was ich aber bei ihm
nicht verstehe, ist, obwohl er an den Schalthelbeln dieses Landes sitzt,
unternimmt er nichts dagegen. Nein, er meckert nur. Das können 80 Mio
andere Menschen hier auch.
In diesem (traurigen) Sinne ...
Schönes Wochenende!
--
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Frank Adam
2005-04-30 18:19:00 UTC
Permalink
Post by Joerg Schroeter
Aber haben wir hier bei uns nicht auch diesen Psycho-Druck. Sicher
nicht wie beschrieben, aber irgendwie doch schon. Die allermeisten
machen doch Überstunden ohne Bezahlung (ich hebe mal den Finger) weil
man immer den Druck hat, durch Andere ersetzt zu werden. Das
Ersatz-"Material" (siehe Unwort des Jahres) ist ja in Höhe von 5 Mio
vorhanden.
Deswegen fällt es solchen unsozialen Rationalisierungsmaschinen wie
Ackermann oder Ricke ja so leicht, ihren aktionärsfreundlichen
unmenschlichen Kurs zu fahren. Wem es nicht passt - geh' doch, es sind
genügend andere da!

Trotzdem halte ich die (von mir schon sehr oft öffentlich kritisierten)
Verhältnisse hier in Deutschland immer noch für wesentlich unproblematischer
als das, was in Japan vorgeht.
Post by Joerg Schroeter
Und statt durch mehr Personal die Leute zu entlasten, wird nur
indirekt mehr gefordert. Gewinnmaximierung. Und da hat irgendwie
Müntefering Recht, wenn er die Kapitalismuskritik anbringt.
Natürlich hat Herr Müntefering mit seiner Kapitalismuskritik Recht. Jeder,
der nicht gerade mit verschlossenen Augen und Ohren durch unser Land geht,
muss doch gemerkt haben, wohin uns Neo-Liberalismus, Globalisierung und die
Erhebung des "Shareholders' Value" zum Unternehmensziel gebracht haben.
Post by Joerg Schroeter
Was ich
aber bei ihm nicht verstehe, ist, obwohl er an den Schalthelbeln
dieses Landes sitzt, unternimmt er nichts dagegen. Nein, er meckert
nur. Das können 80 Mio andere Menschen hier auch.
An den Schalthebeln dieses Landes sitzen andere. Und sie sitzen nicht in
Berlin, sondern in den Chefetagen der großen Konzerne. Sie werden niemals
vom Volk gewählt, sondern immer von gierigen Aktionären bestimmt.

Gruß Frank
Joerg Schroeter
2005-04-30 19:48:41 UTC
Permalink
Post by Frank Adam
Trotzdem halte ich die (von mir schon sehr oft öffentlich kritisierten)
Verhältnisse hier in Deutschland immer noch für wesentlich unproblematischer
als das, was in Japan vorgeht.
Typisches Politikerargument. Es wird nur immer das Verglichen, was
schlechter ist. Wenn man hier im Osten auf die Kinderbetreuung verweist
(die obwohl im Abbau begriffen, immer noch gut ist), so zeigt man immer
in die alten Bundesländer (Westen verkneife ich mir mal) und sagt, wie
gut es doch noch ist. Aber niemand aus dieser Himmelsrichtung sagt, wie
schlecht sie doch sind im Vergleich mit dem Osten, die eine gute
Kinderbetreuung haben.
Sicher ist es in Deutschland >>noch<< schön. Aber wenn man im Kleinen
wie Großen täglich erlebt, wie sinnlos Geld ausgegeben wird und dann
wird gesagt, es ist nichts mehr da, da kann man schon nur noch
verzweifeln. Und die Fehler Anderer, welche sich natürlich nichts sagen
lassen, sind ja schließlich schlauer als die kleinen Sachbearbeiter oder
Mitarbeiter, werden dann auf den Rücken aller ausgetragen, die sich
nicht wehren können.
--
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Frank Adam
2005-05-01 22:27:46 UTC
Permalink
Post by Joerg Schroeter
Post by Frank Adam
Trotzdem halte ich die (von mir schon sehr oft öffentlich
kritisierten) Verhältnisse hier in Deutschland immer noch für
wesentlich unproblematischer als das, was in Japan vorgeht.
Typisches Politikerargument. Es wird nur immer das Verglichen, was
schlechter ist.
Nun, es geht in diesem Thread ja in erster Linie um die Zustände in Japan.
Ich wollte lediglich klarstellen, dass ich - bei aller Kritik - mit den
Zuständen hier noch besser klar komme als mit denen in Japan.

Gruß Frank
Matthias Warkus
2005-04-30 22:05:11 UTC
Permalink
Sie werden niemals vom Volk gewählt, sondern immer von gierigen
Aktionären bestimmt.
Ach, wenn das doch alles so einfach wäre.

Leider ist es aber nun mal so, dass es sowas wie Streubesitz gibt (ist
jeder gierig, der eine Aktie besitzt?), und dass zahlreiche
Großaktionäre institutionelle Anleger sind, die z.B. das Interesse von
Hunderttausenden Rentenversicherter oder kleiner Bankkunden vertreten.
Alle gierig?

mawa
Andreas Krey
2005-04-30 22:20:50 UTC
Permalink
* Matthias Warkus (***@gnome.org)
...
Post by Matthias Warkus
Leider ist es aber nun mal so, dass es sowas wie Streubesitz gibt (ist
jeder gierig, der eine Aktie besitzt?), und dass zahlreiche
Großaktionäre institutionelle Anleger sind, die z.B. das Interesse von
Hunderttausenden Rentenversicherter oder kleiner Bankkunden vertreten.
Alle gierig?
Äh, ja. Die legen spätestens, wenn eine Bank dazwischen ist, das Geld
an, weil sie glauben (und die Bank das versprochen hat), daß es dort
mehr wird. Und das führt unmittelbar zu den beobachtenen Effekten.

Nichtgieriges Anlegen bedeutet im Endeffekt, die Anlageentscheidung
nicht nur von der erwarteten Rendite, sondern auch von den
Unternehmenszielen und -kultur abhängig zu machen.

Andreas
--
np: 4'33
Reinhard Greulich
2005-04-30 22:40:05 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
und dass zahlreiche
Großaktionäre institutionelle Anleger sind, die z.B. das Interesse von
Hunderttausenden Rentenversicherter oder kleiner Bankkunden vertreten.
Ja, und die amerikanischen Pensionsfonds vertreten überwiegend kleine
Leute, um deren Geld sie sich ernsthaft bemühen, sie sind also
geradezu sozial eingestellt. Aus deren Sicht vollkommen also
verständlich, dass es ihnen am A... vorbeigeht, wenn in irgendeinem
fernen Land mal wieder ein paar Arbeitsplätze draufgehen, weil sich
der Wert irgendeiner Beteiligung durch den Verkauf der Immobilien
besser mehren lässt als durch den Erhalt der Produktion. Ich glaube
nicht, dass Betroffene dafür mehr Verständnis aufbringen, wenn sie
sich klarmachen, dass dies alles zum Wohle kleiner amerikanischer
Rentner passiert ist.

Gruß - Reinhard.
--
~=@=~ 70086 (52°22,726'N - 009°48,775'E)
"Keine Pfeife sondern die Glocke benutzen."
http://www.greulich.de/gallery/KA2004/KA04_077
Matthias Warkus
2005-05-01 13:32:02 UTC
Permalink
Post by Reinhard Greulich
Post by Matthias Warkus
und dass zahlreiche
Großaktionäre institutionelle Anleger sind, die z.B. das Interesse von
Hunderttausenden Rentenversicherter oder kleiner Bankkunden vertreten.
Ja, und die amerikanischen Pensionsfonds vertreten überwiegend kleine
Leute, um deren Geld sie sich ernsthaft bemühen, sie sind also geradezu
sozial eingestellt. Aus deren Sicht vollkommen also verständlich, dass es
ihnen am A... vorbeigeht, wenn in irgendeinem fernen Land mal wieder ein
paar Arbeitsplätze draufgehen, weil sich der Wert irgendeiner Beteiligung
durch den Verkauf der Immobilien besser mehren lässt als durch den Erhalt
der Produktion. Ich glaube nicht, dass Betroffene dafür mehr Verständnis
aufbringen, wenn sie sich klarmachen, dass dies alles zum Wohle kleiner
amerikanischer Rentner passiert ist.
Darum geht's ja gar nicht. Mir geht es darum, das zur Zeit wieder
gerne bemühte Bild vom skrupellosen Kapitalisten mit Zigarre und
Kuponschere ein bisschen zu relativieren. Die skrupellosen Kapitalisten
sind, wenn schon, wir alle.

mawa
Reinhard Greulich
2005-05-01 13:56:03 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Die skrupellosen Kapitalisten
sind, wenn schon, wir alle.
Es schadet jedenfalls nicht, sich zu überlegen, auf welche Weise das
von der Bank angepriesene Fonds-Schnäppchen seine tolle Performance
erlangt. Leider haben viel zu viele Leute in der jüngeren
Vergangenheit viel zu wenig überlegt, was nun etliche Milliarden
Kaufkraft kleiner Leute (und auch Rentenerwartungen) in Rauch
aufgelöst hat. Insoweit stimmt es, dass skrupellose Kapitalisten
wesentlich Schuld haben an der heutigen Lage.

Gruß - Reinhard.
--
~=@=~ 70086 (52°22,726'N - 009°48,775'E)
"Keine Pfeife sondern die Glocke benutzen."
http://www.greulich.de/gallery/KA2004/KA04_077
Matthias Warkus
2005-05-01 16:13:18 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Die skrupellosen Kapitalisten
sind, wenn schon, wir alle.
Es schadet jedenfalls nicht, sich zu überlegen, auf welche Weise das von
der Bank angepriesene Fonds-Schnäppchen seine tolle Performance erlangt.
Leider haben viel zu viele Leute in der jüngeren Vergangenheit viel zu
wenig überlegt, was nun etliche Milliarden Kaufkraft kleiner Leute (und
auch Rentenerwartungen) in Rauch aufgelöst hat. Insoweit stimmt es, dass
skrupellose Kapitalisten wesentlich Schuld haben an der heutigen Lage.
Ja, so unterschreibe ich das dann auch :)

mawa
Joerg Schroeter
2005-05-01 14:13:37 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Kuponschere ein bisschen zu relativieren. Die skrupellosen Kapitalisten
sind, wenn schon, wir alle.
Also ich nicht. Aber das ist hier egal. Wenn Du einer bist, dann sag
mal, wieviel Du mitreden kannst! Ich meine, das übernehmen Andere für
Dich. Siehe T-Online, kein Schwein interessiert, daß die Aktionäre nun
für knapp 9 EUR die Anteilsscheine verkaufen sollen, die sie damals für
"billige" 27 EUR kaufen konnten. Die sind zwar alle dagegen, gemacht
wird es aber trotzdem. Hauptsache, man hat sein Geld 'reingesteckt. Das
war's dann.
Jörg
--
Email an joesch (Punkt) ro [at] T-online (de)
-------------------------------------------------------------------------------------
http://www.modellbahncenter-minich.de - der etwas anders gut sortierte
Modellbahnshop
Reinhard Greulich
2005-05-01 14:51:39 UTC
Permalink
Post by Joerg Schroeter
Siehe T-Online, kein Schwein interessiert, daß die Aktionäre nun
für knapp 9 EUR die Anteilsscheine verkaufen sollen, die sie damals für
"billige" 27 EUR kaufen konnten. Die sind zwar alle dagegen, gemacht
wird es aber trotzdem.
Das wiederum ist bei einem Anlageprodukt wie Aktien eben ein Teil der
Produkteigenschaften. Wie immer, wenn man was kauft, sollte man sich
vorher halt gut informieren, welche Eigenschaften das hat - wozu eben
auch die Mehrheitsverhältnisse beim Aktienbesitz gehören. Bei einem
Autokauf machen das doch alle sehr gründlich, bei Kapitalanlagen wird
bei gleich viel Geld aber der Verstand ausgeschaltet, weil die
Dollarzeichen vor den Augen das Gesichtsfeld einengen.

Für diese Art von Gejammer habe ich persönlich genau Null Verständnis.
Niemand hat die Leute gezwungen, ihr Geld auf diese Weise zu
riskieren.

Gruß - Reinhard.
--
~=@=~ 70086 (52°22,726'N - 009°48,775'E)
"Keine Pfeife sondern die Glocke benutzen."
http://www.greulich.de/gallery/KA2004/KA04_077
André Brandily
2005-05-08 17:30:48 UTC
Permalink
Post by Reinhard Greulich
Für diese Art von Gejammer habe ich persönlich genau Null Verständnis.
Niemand hat die Leute gezwungen, ihr Geld auf diese Weise zu
riskieren.
Das nicht. Aber die Experten, die Politiker, die Telekomiker haben
gebetsmühlenartig erklärt, daß es modern ist, Aktien zu kaufen, daß die
Deutschen im internationalen Vergleich einen der untersten Ränge beim
Aktienbesitz besetzen, daß man was fürs Alter, für die Zukunft, kein
Risiko, sichere Sache, Weltfirma undsoweiterundsofort. Und die Leute
haben alles gierig aufgesogen, als wären es die Lottozahlen vom nächsten
Samstag. Niemand hat ihnen gesagt, daß man Aktien mit Spielgeld kauft
und nicht mit der Hypothek.

mfg
Andre
Reinhard Greulich
2005-05-08 22:51:33 UTC
Permalink
Post by André Brandily
Niemand hat ihnen gesagt, daß man Aktien mit Spielgeld kauft
und nicht mit der Hypothek.
Naja, ein ordentlicher Berater bei der Hausbank hätte das schon getan,
aber nach guter Schnäppchenjäger-Art kaufte man halt lieber bei
Consors. Und Warnungen gab es genug, aber das galt ja als altmodisch
und hinterwäldlerisch (warum erinnert mich das an das Verhältnis von
Spaß-Guido zu den Gewerkschaften?). Insofern: selbst Schuld.

Gruß - Reinhard.
--
~=@=~ 70086 (52°22,726'N - 009°48,775'E)
"Keine Pfeife sondern die Glocke benutzen."
http://www.greulich.de/gallery/KA2004/KA04_077
Ulf Kutzner
2005-05-09 09:02:07 UTC
Permalink
Post by Reinhard Greulich
Post by Joerg Schroeter
Siehe T-Online, kein Schwein interessiert, daß die Aktionäre nun
für knapp 9 EUR die Anteilsscheine verkaufen sollen, die sie damals für
"billige" 27 EUR kaufen konnten. Die sind zwar alle dagegen, gemacht
wird es aber trotzdem.
Das wiederum ist bei einem Anlageprodukt wie Aktien eben ein Teil der
Produkteigenschaften. Wie immer, wenn man was kauft, sollte man sich
vorher halt gut informieren, welche Eigenschaften das hat - wozu eben
auch die Mehrheitsverhältnisse beim Aktienbesitz gehören. Bei einem
Autokauf machen das doch alle sehr gründlich, bei Kapitalanlagen wird
bei gleich viel Geld aber der Verstand ausgeschaltet, weil die
Dollarzeichen vor den Augen das Gesichtsfeld einengen.
Für diese Art von Gejammer habe ich persönlich genau Null Verständnis.
Niemand hat die Leute gezwungen, ihr Geld auf diese Weise zu
riskieren.
Na ja, diese privatnützigen Enteignungen per Fusion oder Squeeze Out
sind noch nicht so lange in Mode. Sie sind aber ein ernsthafter Grund,
in diesem unserem Lande nicht unterhalb von Sperrminoritäten in Aktien
zu investieren.

Gruß, ULF

Matthias Warkus
2005-05-01 16:12:31 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Kuponschere ein bisschen zu relativieren. Die skrupellosen Kapitalisten
sind, wenn schon, wir alle.
Also ich nicht. Aber das ist hier egal. Wenn Du einer bist, dann sag mal,
wieviel Du mitreden kannst! Ich meine, das übernehmen Andere für Dich.
Siehe T-Online, kein Schwein interessiert, daß die Aktionäre nun für
knapp 9 EUR die Anteilsscheine verkaufen sollen, die sie damals für
"billige" 27 EUR kaufen konnten.
Und was hat das jetzt mit skrupellosem Kapitalismus zu tun?

Wenn man eine Aktie kauft, muss man mit Wertverlust rechnen. Ich weiß, warum
ich keine Aktien kaufe.

mawa
Folke Brockmann
2005-05-02 12:23:12 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Wenn man eine Aktie kauft, muss man mit Wertverlust rechnen. Ich weiß, warum
ich keine Aktien kaufe.
Ein DB-Verkehrsdienst-Lehrer (abfertigungstechnisch bundesbahnmäßig gemeint)
im Berufsschulunterricht erklärte uns es ganz einfach in dem er meinte wenn
'se billig sind kaufen und wenn 'se 'ne Zeit lang gestiegen sind garnicht
weiter warten sondern einfach wieder verkaufen!
--
Meint freundlich grüßend
Folke aus 44867 WATTENSCHEID
Mein Motto: Lieber 'nen wackligen Kneipentisch als 'ne feste Beziehung!
Klaus von der Heyde
2005-05-01 08:23:43 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Leider ist es aber nun mal so, dass es sowas wie Streubesitz gibt (ist
jeder gierig, der eine Aktie besitzt?), und dass zahlreiche
Großaktionäre institutionelle Anleger sind, die z.B. das Interesse von
Hunderttausenden Rentenversicherter oder kleiner Bankkunden vertreten.
Alle gierig?
Pensionsfonds sollen mit zu den "gierigen" gehören, die zuallererst
an guten quartalsergebnissen interessiert sind und ihr geld leicht
abziehen können.

Klaus
Frank Adam
2005-05-01 22:31:58 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Sie werden niemals vom Volk gewählt, sondern immer von gierigen
Aktionären bestimmt.
Leider ist es aber nun mal so, dass es sowas wie Streubesitz gibt (ist
jeder gierig, der eine Aktie besitzt?),
Wenn er nur auf die Rendite schielt und ihm soziale und gesellschaftliche
Aspekte egal sind, dann ja.
Post by Matthias Warkus
...und dass zahlreiche
Großaktionäre institutionelle Anleger sind, die z.B. das Interesse von
Hunderttausenden Rentenversicherter oder kleiner Bankkunden vertreten.
...denen sie vorher die tollen Renditen versprochen haben!
Post by Matthias Warkus
Alle gierig?
Die kleinen Rentenversicherten sicher nicht. Aber die, die diese angeworben
haben.

Gruß Frank
Martin Bienwald
2005-05-02 12:45:27 UTC
Permalink
Post by Matthias Warkus
Leider ist es aber nun mal so, dass es sowas wie Streubesitz gibt (ist
jeder gierig, der eine Aktie besitzt?), und dass zahlreiche
Großaktionäre institutionelle Anleger sind, die z.B. das Interesse von
Hunderttausenden Rentenversicherter oder kleiner Bankkunden vertreten.
Zu vertreten behaupten.

... Martin
Mathias Boelckow
2005-05-02 09:05:34 UTC
Permalink
Post by Frank Adam
Post by Dominik Vinbruck
Zwar merken auch wir in Deutschland, dass gutes Personal pünkt-
licher fährt als nachlässiges - aber positive Motivation darf
der einzige Weg dahin sein.
Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Eine Mitarbeiter-"Motivation", die auf
psychischem Druck aufbaut, ist nicht nur unmenschlich, sondern gefährlich.
Gutes Personal erhält man in der Tat nur durch positive Motivation.
Im klassischen Japanische System hat jede größere Firma einen innern
und einen äußeren Kreis Mitarbeiter. Der innere Kreis wird
familienähnlich betrachtet, dass heißt der Arbeitnehmer ist fast
unkündbar und bekommt ein gutes Gehalt und soziale Anerkennung, muss
sich fast unbegrenzt mit der Firma identifiziert und für sie zur
Verfügung stehen. Für den äußeren Kreis galt schon immer Hire&Fire.
Wer sich durch herausragende Leistung qualifizierte, konnte eventuell
aus dem äußeren in den inneren Kreis aufrücken.

Mag sein, das Lokführer neuerdings im äußeren Kreis anfangen.

Gruß, Mathias Bölckow
Frank Adam
2005-05-05 17:55:37 UTC
Permalink
Post by Mathias Boelckow
Im klassischen Japanische System hat jede größere Firma einen innern
und einen äußeren Kreis Mitarbeiter. Der innere Kreis wird
familienähnlich betrachtet, dass heißt der Arbeitnehmer ist fast
unkündbar und bekommt ein gutes Gehalt und soziale Anerkennung, muss
sich fast unbegrenzt mit der Firma identifiziert und für sie zur
Verfügung stehen.
Ein zu hoher Preis für Leistungen, die an sich schon alleine für gute und
zuverlässige Arbeit selbstverständlich sein sollten.
Post by Mathias Boelckow
Für den äußeren Kreis galt schon immer Hire&Fire.
Eine wundervolle Arbeitswelt bei diesen Japsern, wirklich wahr... :-(

Gruß Frank
Reinhard Greulich
2005-04-30 10:43:47 UTC
Permalink
Post by Dominik Vinbruck
Zwar merken auch wir in Deutschland, dass gutes Personal pünkt-
licher fährt als nachlässiges - aber positive Motivation darf
der einzige Weg dahin sein.
Es gibt auch hier in den Gruppen nicht selten Meinungen, die dem
DB-Personal mal "Feuer unterm Hintern" zu machen wünschen. Im Ergebnis
liefe das dann auf sowas hinaus, wie jetzt aus Japan zu hören ist.
Aber solche Wahrheien wollen echte Neoliberale ja nicht hören.

Gruß - Reinhard.
--
~=@=~ 70086 (52°22,726'N - 009°48,775'E)
"Keine Pfeife sondern die Glocke benutzen."
http://www.greulich.de/gallery/KA2004/KA04_077
Klaus von der Heyde
2005-04-30 18:46:38 UTC
Permalink
Post by Reinhard Greulich
Es gibt auch hier in den Gruppen nicht selten Meinungen, die dem
DB-Personal mal "Feuer unterm Hintern" zu machen wünschen.
Meistens doch aber wegen unfreundlichen oder inflexiblen verhaltens,
nicht wegen einhaltens von sicherheitsbestimmungen, oder?

Klaus
Martin Bienwald
2005-05-02 12:52:58 UTC
Permalink
Post by Klaus von der Heyde
Post by Reinhard Greulich
Es gibt auch hier in den Gruppen nicht selten Meinungen, die dem
DB-Personal mal "Feuer unterm Hintern" zu machen wünschen.
Meistens doch aber wegen unfreundlichen oder inflexiblen verhaltens,
nicht wegen einhaltens von sicherheitsbestimmungen, oder?
Und was heißt schon "Feuer unterm Hintern" - ich bezweifle, daß irgendwer
hier sich dabei straflagerartige Zustände vorgestellt hat, wie sie
anscheinend in Japan herrschen. Ich hätte jedenfalls eher an ein Gespräch
mit dem Vorgesetzten gedacht ...

... Martin
Klaus von der Heyde
2005-05-02 21:09:26 UTC
Permalink
Post by Martin Bienwald
Und was heißt schon "Feuer unterm Hintern" - ich bezweifle, daß irgendwer
hier sich dabei straflagerartige Zustände vorgestellt hat, wie sie
anscheinend in Japan herrschen. Ich hätte jedenfalls eher an ein Gespräch
mit dem Vorgesetzten gedacht ...
In Japan werden die verspätungen einfahrenden triebfahrzeugführer auch
nicht von den fahrgästen, sondern von den vorgesetzten geknutet.
Wenn schon die gemessene verspätung zu konsequenzen für den tf führt,
dann eine beschwerde eines fahrgastes wohl nicht weniger.

Klaus
Till Kinstler
2005-04-30 13:06:26 UTC
Permalink
Post by Dominik Vinbruck
Erschreckend. Wenn das in dem Ausmaß stimmt, gibt es nach meiner
Ansicht keine Rechtfertigung mehr dafür, die Pünktlichkeit der
japanischen Bahnen als leuchtendes Beispiel für die DB hinzustellen.
Als ich am Dienstag im KTX[*] hier in Korea von Seoul nach
Busan fuhr, entnahm ich dem Bordmagazin (so gut es ging),
dass man stolz ist, den puenktlichsten Hochgeschwindigkeitszug
zu betreiben. In der gezeigten Statistik kam man beim KTX auf
98,9%, bei den Shinkansen in Japan auf 98,3%, die DB rangierte
bei irgendwas knapp 90%... Man frage mich nicht, wie man zu
diesem Werten kommt, sie sind hier in Korea aber wichtig.
Hier in Korea herrschen bei Arbeitsbedingungen wohl aehnliche
Zustaende (zumindest laut Koreanern, mit denen ich ueber das
Thema gesprochen habe). Konkurrenz und "nach unten Treten"
(so wuerde ich es beschreiben, die koreanische Sicht ist
eine andere!) sind schon zentraler Bestandteil des Schulsystems.
Man kann dazu als Europaeer seine Meinung haben (habe ich auch).
Diese Betroffenheitsrhetorik oder gar Urteile, wie Will sie
hier faellt, erscheinen wir aber ein wenig blind und aus dem
rein eigenen Blickwinkel einer vollkommen anderen Gesellschaftsstruktur
getroffen. Ich denke, wir brauchen in Europa keine Angst
vor japanischen Zustaenden zu haben, ebensowenig, wie wir unser
Modell einfach dorthin exportieren koennen...

Gruss,
Till

[*] Korea Train Express, basierend auf dem TGV
--
Till Kinstler ***@fs.is.uni-sb.de
http://www.phil.uni-sb.de/~till/ ***@phil.uni-sb.de
mobile: +49 179 5441 451
Reinhard Greulich
2005-04-30 19:05:12 UTC
Permalink
Post by Till Kinstler
Ich denke, wir brauchen in Europa keine Angst
vor japanischen Zustaenden zu haben, ebensowenig, wie wir unser
Modell einfach dorthin exportieren koennen...
Das ist richtig, aber es gibt starke Interessengruppen, welche die
"japanischen Zustände" für sehr erstrebenswert halten. Wenn es nach
einigen Herren aus dem BDI allein ginge, hätten wir die längst. Sagen
wir so: es erscheint unrealistisch, dass diese Leute sich wirklich
durchsetzen, aber wir sind unter dem Druck des Arbeitsmarktes schon
einige Schritte in die Richtung gegangen.

Gruß - Reinhard.
--
~=@=~ 70086 (52°22,726'N - 009°48,775'E)
"Keine Pfeife sondern die Glocke benutzen."
http://www.greulich.de/gallery/KA2004/KA04_077
Will Berghoff
2005-04-30 19:25:23 UTC
Permalink
Post by Reinhard Greulich
Das ist richtig, aber es gibt starke Interessengruppen, welche die
"japanischen Zustände" für sehr erstrebenswert halten. Wenn es nach
einigen Herren aus dem BDI allein ginge, hätten wir die längst. Sagen
wir so: es erscheint unrealistisch, dass diese Leute sich wirklich
durchsetzen, aber wir sind unter dem Druck des Arbeitsmarktes schon
einige Schritte in die Richtung gegangen.
Man könnte ja einen bekannten Vorstandsvorsitzenden einer grossen deutschen
Bahngesellschaft bitten, jeden einlaufenden Zug auf dem Bahnsteig zu grüßen
und sich bei jeder größeren Verspätung bei den Fahrgästen höflich(!) zu
entschuldigen. Bei nicht ausreichendem Kotau könnten ihn die BC-Kunden mit
der BC-Pfeife auspfeifen...

Gruß
Will
Klaus von der Heyde
2005-04-30 19:52:18 UTC
Permalink
Post by Will Berghoff
Bei nicht ausreichendem Kotau könnten ihn die BC-Kunden mit
der BC-Pfeife auspfeifen...
Was ist denn eine BC-pfeife? Meinst du die aus dem BahnShop?
http://www.railnet.de/RailTroedel.htm

Klaus
Will Berghoff
2005-05-01 07:09:16 UTC
Permalink
Post by Klaus von der Heyde
Post by Will Berghoff
Bei nicht ausreichendem Kotau könnten ihn die BC-Kunden mit
der BC-Pfeife auspfeifen...
Was ist denn eine BC-pfeife? Meinst du die aus dem BahnShop?
http://www.railnet.de/RailTroedel.htm
ROTFL
...

Den ersten BC-Status-Erreichern wurde zu Weihnachten eine Metallpfeife mit
DB-Logo zugeschickt.

Gruß
Will
Dominik Vinbruck
2005-04-30 20:33:07 UTC
Permalink
Post by Till Kinstler
Diese Betroffenheitsrhetorik oder gar Urteile, wie Will sie
hier faellt, erscheinen wir aber ein wenig blind und aus dem
rein eigenen Blickwinkel einer vollkommen anderen Gesellschaftsstruktur
getroffen.
Klar. Ich wollte mit meinen Äußerungen nur darstellen,
dass ich von diesen Methoden zur Erreichung der hohen
Pünktlichkeit bisher nichts wusste - und unter diesem
Umständen die Pünktlichkeitsquote in Japan unter einem
anderen Licht erscheint.

Viele Grüße
Dominik
--
Funkenburg Dortmund | mailto:***@uni-dortmund.de
Patrick Borer
2005-05-04 01:18:38 UTC
Permalink
Post by Dominik Vinbruck
Post by Till Kinstler
Diese Betroffenheitsrhetorik oder gar Urteile, wie Will sie
hier faellt, erscheinen wir aber ein wenig blind und aus dem
rein eigenen Blickwinkel einer vollkommen anderen Gesellschaftsstruktur
getroffen.
Klar. Ich wollte mit meinen Äußerungen nur darstellen,
dass ich von diesen Methoden zur Erreichung der hohen
Pünktlichkeit bisher nichts wusste - und unter diesem
Umständen die Pünktlichkeitsquote in Japan unter einem
anderen Licht erscheint.
Naja, wenn die Gesellschaftsstruktur "vollkommen anders" ist, heisst
das nicht, dass sie gut ist. Vielleicht wäre es erstrebenswert,
zumindest schrittweise eine Änderung dieser Struktur anzustreben.

Patrick Borer
Frank Adam
2005-05-05 17:57:49 UTC
Permalink
Post by Patrick Borer
Naja, wenn die Gesellschaftsstruktur "vollkommen anders" ist, heisst
das nicht, dass sie gut ist. Vielleicht wäre es erstrebenswert,
zumindest schrittweise eine Änderung dieser Struktur anzustreben.
Nun ja, bei uns verläuft die "schrittweise Änderung dieser Struktur" derzeit
leider in die andere Richtung...

Gruß Frank
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