Discussion:
Verkehrsverbund im Westerwald
(zu alt für eine Antwort)
Karl-Ludwig Diehl
2007-10-28 15:13:54 UTC
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Hallo allerseits,

mit Erschrecken stellte ich fest, im Westerwald
will die herrschende Partei im Westerwaldkreis
keinen Verkehrsverbund. In der Zentralabteilung
des Kreishauses sagte mir die Leiterin, man habe
überhaupt kein Interesse am Verkehrsverbund und
setzte allein auf das Auto.

Was mich zusätzlich irritierte war, in den Stellen-
angeboten, die in der Agentur für Arbeit einzusehen
waren, stand bei fast jedem Stellenangebot "PKW
erforderlich".

Arbeitslos und Auto, paßt das zusammen?

Desweiteren fiel mir auf, der Westerwald verfügt
über ein Landschaftsmuseum in Hachenburg,
jedoch ist diese Einrichtung am Wochenende eigentlich
nur mit dem Auto erreichbar, da die meisten Bus-
linien am Freitag ihre Fahrten abschließen und erst
am Montag wieder aufnehmen. Im Museum selbst
beklagt man sich sehr über diesen Mißstand.

Desweiteren fiel mir auf, daß für die Bahnstrecke, die
ich einmal von Montabaur bis Siershahn nutzte, ein
erheblich geringerer Fahrpreis gezahlt werden mußte
wie für eine etwa gleichlange Busstrecke.

Ich habe Umsteigen vom Bus in die Bahn noch
nicht ausprobiert, vermute aber, daß jeweils neue
Fahrkarten gelöst werden müssen.

Alles, was Verkehr betrifft, ist hier seltsam organisiert.
Auch für das Auto. Für Neuhäusl, das gerade eine
Umgehungsstraße erhielt, gibt es drei aufwendige
Abfahrten. Die reinste Straßen- und Brückenbauorgie
für Autofahrer.

Was soll das alles?

Im Westerwald managt die CDU seit Gründung des
Bundeslandes unangefochten den Kreis, soviel ich
weiß.

Kennt jemand Aktivitäten, die zum Thema ÖPNV
für den Westerwald liefen und kann zusammenfassend
berichten? Ich bin erst seit kurzer Zeit hier und wundere
mich nur.

MfG
Karl-Ludwig Diehl
Stefan Schmitt
2007-10-28 16:42:10 UTC
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Post by Karl-Ludwig Diehl
Desweiteren fiel mir auf, der Westerwald verfügt
über ein Landschaftsmuseum in Hachenburg,
jedoch ist diese Einrichtung am Wochenende eigentlich
nur mit dem Auto erreichbar, da die meisten Bus-
linien am Freitag ihre Fahrten abschließen und erst
am Montag wieder aufnehmen. Im Museum selbst
beklagt man sich sehr über diesen Mißstand.
Immerhin kann man mit dem Zug anreisen.
Post by Karl-Ludwig Diehl
Kennt jemand Aktivitäten, die zum Thema ÖPNV
für den Westerwald liefen und kann zusammenfassend
berichten? Ich bin erst seit kurzer Zeit hier und wundere
mich nur.
Der Kreis Altenkirchen z.B. hatte sich etliche Jahre lang am VRM
(Verkehrsverbund Rhein-Mosel) beteiligt. Genutzt hat das jedoch kaum
jemand. Die Strecken, auf denen überhaupt Busse fuhren waren rar, viele
private Busunternehmen kochten ihr eigenes Süppchen.

Der Hauptgrund dürfte allerdings gewesen sein, dass viele Pendler gar
nicht vom oder zum Raum Rhein-Mosel unterwegs sind, sondern nach
Nordrhein-Westfalen (Siegen, Köln). Nach einer jahrelang geführten
Debatte wurde das auch den Politikern klar und man trat aus dem VRM
(Rheinland-Pfalz) aus und vereinbarte mit dem VRS (Verkehrsverbund
Rhein-Sieg, Nordrhein-Westfalen), dass die Siegstrecke der DB in den VRS
aufgenommen wird, insbesondere der rheinland-pfälzische Abschnitt durch
den Kreis Altenkirchen. Nach meiner Erinnerung ist das vor ca. fünf
Jahren geschehen. Die von privaten Busunternehmen eingerichteten
Buslinien hat dies jedoch ebenfalls nicht betroffen.

Ich kann jedoch auch gut nachvollziehen, dass die Politik im Großen und
Ganzen aufs Auto setzt. Aufgrund der Siedlungsstrukturen mit vielen
kleinen Orten ist es nicht möglich, alle Orte zu verbinden, einigermaßen
vernünftige Fahrtzeiten zu erreichen und auch noch annähernd rentabel zu
wirtschaften.

Somit findet ÖPNV dort statt, wo es attraktive Bahnverbindungen gibt.
Der Weg zum Bahnhof wird jedoch mit dem Auto bewältigt. Das hat der
Westerwälder an sich ja sowieso in der Garage.


Stefan


PS: Ist Dir <http://rheinland-pfalz-takt.de/> bekannt, Karl-Ludwig?
André Joost
2007-10-28 18:00:34 UTC
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Post by Stefan Schmitt
Der Hauptgrund dürfte allerdings gewesen sein, dass viele Pendler gar
nicht vom oder zum Raum Rhein-Mosel unterwegs sind, sondern nach
Nordrhein-Westfalen (Siegen, Köln). Nach einer jahrelang geführten
Debatte wurde das auch den Politikern klar und man trat aus dem VRM
(Rheinland-Pfalz) aus und vereinbarte mit dem VRS (Verkehrsverbund
Rhein-Sieg, Nordrhein-Westfalen), dass die Siegstrecke der DB in den VRS
aufgenommen wird, insbesondere der rheinland-pfälzische Abschnitt durch
den Kreis Altenkirchen.
... und bereits einige Jahre zuvor auch in die VGWS, beides aber nur für
Fahrten in die jeweiligen Verbünde hinein. Innerhalb des Kreises
Altenkirchen gilt auf der Siegstrecke nach wie vor der DB-Tarif.
Als kleine Boshaftigkeit am Rande verkauft man dort auch keine
Fahrscheine zu Bahnhöfen an der Hellertal- und Daadetalbahn am
Automaten, vielmehr soll man ein Ticket bis Betzdorf kaufen und im Zug
der HTB bzw Weba den Rest bezahlen. Das gilt dann auch für Strecken, die
eigentlich durchgehend nach VGWS-Tarif zu bezahlen wären, z.B.
Niederschelden - Burbach.
Post by Stefan Schmitt
Nach meiner Erinnerung ist das vor ca. fünf
Jahren geschehen. Die von privaten Busunternehmen eingerichteten
Buslinien hat dies jedoch ebenfalls nicht betroffen.
Leider, ja.
Post by Stefan Schmitt
Der Weg zum Bahnhof wird jedoch mit dem Auto bewältigt.
Die Bahnhofsparkhäuser in Betzdorf, Wissen und Hennef kommen nicht von
ungefähr...

Wenn man Bus und Bahn getrennt bezahlen muß, liegt das ja auch nahe. Die
Unpünktlichkeit auf der Siegstrecke vergrault dann noch die letzten
Umsteigewilligen.
In heutigen Zeiten würde ein "richtiger" Verbund aber sowieso mehr
kosten als die jetzige Bahnfahrkarte, wie der NRW-Tarif zeigt. Also
lässt man es lieber so, wie es ist.

BTW: weiß jemand, ob Daadetal- und Hellertalbahn ihre Strecke
weiterbetreiben dürfen? Beide Verträge sollten dieses bzw. nächstes Jahr
auslaufen.
--
Gruß,
André Joost
Karl-Ludwig Diehl
2007-10-30 14:51:43 UTC
Permalink
Post by André Joost
Die Bahnhofsparkhäuser in Betzdorf, Wissen und Hennef kommen nicht von
ungefähr...
Wenn man Bus und Bahn getrennt bezahlen muß, liegt das ja auch nahe.
Ich hatte vor etlichen Jahren das Auto vergnügt abgeschafft,
weil ich mich in Großstädten aufhielt. Das Projekt, das ich
mir hier im Westerwald vorgenommen habe, würde den PKW
erfordern. Aber es ist wohl besser, auf den Wagen zu verzichten
und Engagement zu zeigen.
K.L.
Karl-Ludwig Diehl
2007-10-30 14:46:04 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitt
Ich kann jedoch auch gut nachvollziehen, dass die Politik im Großen und
Ganzen aufs Auto setzt. Aufgrund der Siedlungsstrukturen mit vielen
kleinen Orten ist es nicht möglich, alle Orte zu verbinden, einigermaßen
vernünftige Fahrtzeiten zu erreichen und auch noch annähernd rentabel zu
wirtschaften.
Nachvollziehbar ist vieles. Andererseits sinken natürlich die
Fahrgastzahlen, wenn der Nahverkehr unattraktiv ist. Da ich einige
Monate lang im Westerwald wanderte, um Dörfer zu dokumentieren,
sah ich andererseits, daß die Entfernungen nicht so abstrus sind
und an jeden Punkt des Westerwaldkreises sehr rasch ein Fahrzeug
einer Bus- oder Bahnverbindung gelangen könnte, wenn man
wollte. Nur wird hier nichts für eine Attraktivitätssteigerung des
ÖPNV
getan.
Post by Stefan Schmitt
Somit findet ÖPNV dort statt, wo es attraktive Bahnverbindungen gibt.
Der Weg zum Bahnhof wird jedoch mit dem Auto bewältigt. Das hat der
Westerwälder an sich ja sowieso in der Garage.
Alles wurde auf den ICA-Bahnhof in Montabaur ausgerichtet.
Es gibt zwar sehr, sehr viele Garagen, aber das Auto steht
inzwischen vor dem Haus oder auf dem ehemaligen Bauernhof.
Die Scheunentore wurden meist entfernt, um Garagentore
einzubauen. Aber die meisten Garagen werden nicht genutzt
und nur noch eine zerstörte Scheune bleibt übrig.
Post by Stefan Schmitt
PS: Ist Dir <http://rheinland-pfalz-takt.de/> bekannt, Karl-Ludwig?
Bislang fiel mir diese URL noch nicht auf. Ich muß mal
reinschauen.
K.L.
Klaus von der Heyde
2007-10-28 17:11:17 UTC
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Post by Karl-Ludwig Diehl
Arbeitslos und Auto, paßt das zusammen?
Wenn man eine neue stelle antritt oder in kürze antreten wird, kann
man sich ja eins anschaffen. Genau so wäre es übrigens auch bei einer
streckenzeitkarte, um das newsgroup-thema nicht ganz aus dem auge zu
verlieren ...
Post by Karl-Ludwig Diehl
Alles, was Verkehr betrifft, ist hier seltsam organisiert.
Auch für das Auto. Für Neuhäusl, das gerade eine
Umgehungsstraße erhielt, gibt es drei aufwendige
Abfahrten. Die reinste Straßen- und Brückenbauorgie
für Autofahrer.
Äh ... im zweifel: schafft auch arbeitsplätze ...

Klaus
Karl-Ludwig Diehl
2007-10-30 14:49:13 UTC
Permalink
Post by Klaus von der Heyde
Post by Karl-Ludwig Diehl
Arbeitslos und Auto, paßt das zusammen?
Wenn man eine neue stelle antritt oder in kürze antreten wird, kann
man sich ja eins anschaffen.
Guter Witz, wenn ein HarzIV-Empfänger sein Auto
aufgeben mußte, weil er nirgendswo unterkommt.
Post by Klaus von der Heyde
Post by Karl-Ludwig Diehl
Alles, was Verkehr betrifft, ist hier seltsam organisiert.
Auch für das Auto. Für Neuhäusl, das gerade eine
Umgehungsstraße erhielt, gibt es drei aufwendige
Abfahrten. Die reinste Straßen- und Brückenbauorgie
für Autofahrer.
Äh ... im zweifel: schafft auch arbeitsplätze ...
Ich nehme an, Du meinst, Verkehrsbauten durch Subunternehmer
bauen lassen, die 2.50Euro Lohn an illegal Beschäftigte zahlen....
K.L.
h12942+ (Hannah Schroeter)
2007-11-03 12:24:33 UTC
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Hallo!
Post by Klaus von der Heyde
Post by Karl-Ludwig Diehl
Arbeitslos und Auto, paßt das zusammen?
Wenn man eine neue stelle antritt oder in kürze antreten wird, kann
man sich ja eins anschaffen.
Sehr realistisch. Ein Auto kostet Geld, das man evtl. nicht wirklich auf
der Seite hat, wenn man arbeitslos war. Und auf Kredit mag man vor allem
in der Probezeit vielleicht nicht unbedingt... Und ja, auch Gebrauchte
kosten Geld.
Post by Klaus von der Heyde
Genau so wäre es übrigens auch bei einer
streckenzeitkarte, um das newsgroup-thema nicht ganz aus dem auge zu
verlieren ...
Da sind bei Monatskarten die Beträge, zu denen man sich bindet, etwas
geringer. Und bei Jahresabos gibt es in der Regel Kündigungsregelungen
auch innerhalb des ersten Jahres, wo man bei Kündigung zumindest nicht
schlechter dasteht, als wenn man von vornherein Monatskarten gekauft
hätte.
Post by Klaus von der Heyde
[...]
Grüße,

Hannah.
Karl-Ludwig Diehl
2007-11-05 15:43:56 UTC
Permalink
Post by h12942+ (Hannah Schroeter)
Post by Klaus von der Heyde
Post by Karl-Ludwig Diehl
Arbeitslos und Auto, paßt das zusammen?
Wenn man eine neue stelle antritt oder in kürze antreten wird, kann
man sich ja eins anschaffen.
Sehr realistisch. Ein Auto kostet Geld, das man evtl. nicht wirklich auf
der Seite hat, wenn man arbeitslos war. Und auf Kredit mag man vor allem
in der Probezeit vielleicht nicht unbedingt... Und ja, auch Gebrauchte
kosten Geld.
Arbeitslosigkeit und gleichzeitige Vorgabe bei Stellenausschreibungen
"PKW erforderlich" ist eine Katastrophe.
Autohaltung ist als politische Vorgabe für den Westerwald völliger
Unsinn. Erstens müßten die öffentlichen Verkehrsmittel besser
ausgelastet werden, zweitens geht das nur, wenn sie attraktiver sind.
Es gibt 10 Verbandsgemeinden: Wenn man kleine Sterne auf die
"Mitte" der Verbandsgemeinden ausrichtet, sind alle Gemeinden rasch
angebunden. Die Mittelpunktstädte der Verbandsgemeinden lassen sich
einfach an den Ort mit Sitz der Kreisverwaltung anbinden, wo sich auch
ein ICE-Bahnhof befindet, der bereits sehr viele Pendler anzieht.
Auf Verbandsgemeindeebene wären attraktive AGVs vielleicht
sinnvoll, also
horizontale Fahr"stühle", die im dichten Takt bedienen können.
Der Rest der Verbindungen zwischen den Mittelpunkten
der Verbandsgemeinden liesse sich besser zu organisieren.
Wie Geld für Investitionen gewinnen?
Post by h12942+ (Hannah Schroeter)
Post by Klaus von der Heyde
Genau so wäre es übrigens auch bei einer
streckenzeitkarte, um das newsgroup-thema nicht ganz aus dem auge zu
verlieren ...
Da sind bei Monatskarten die Beträge, zu denen man sich bindet, etwas
geringer. Und bei Jahresabos gibt es in der Regel Kündigungsregelungen
auch innerhalb des ersten Jahres, wo man bei Kündigung zumindest nicht
schlechter dasteht, als wenn man von vornherein Monatskarten gekauft
hätte.
Da waren Details, die zu wissen lohnen.
Danke.
K.L.
Frank Adam
2007-10-28 18:29:58 UTC
Permalink
Post by Karl-Ludwig Diehl
mit Erschrecken stellte ich fest, im Westerwald
will die herrschende Partei im Westerwaldkreis
keinen Verkehrsverbund. In der Zentralabteilung
des Kreishauses sagte mir die Leiterin, man habe
überhaupt kein Interesse am Verkehrsverbund und
setzte allein auf das Auto.
...
Im Westerwald managt die CDU seit Gründung des
Bundeslandes unangefochten den Kreis, soviel ich
weiß.
Das passt wieder mal haargenau zusammen... :-(

Gruß Frank
Karl-Ludwig Diehl
2007-10-30 14:55:07 UTC
Permalink
Post by Frank Adam
Post by Karl-Ludwig Diehl
mit Erschrecken stellte ich fest, im Westerwald
will die herrschende Partei im Westerwaldkreis
keinen Verkehrsverbund. In der Zentralabteilung
des Kreishauses sagte mir die Leiterin, man habe
überhaupt kein Interesse am Verkehrsverbund und
setzte allein auf das Auto.
...
Im Westerwald managt die CDU seit Gründung des
Bundeslandes unangefochten den Kreis, soviel ich
weiß.
Das passt wieder mal haargenau zusammen... :-(
Wie ändern? Von den anderen Parteien liest man
nichts im Regionalblatt. Vermutlich werden Pressemit-
teilungen übergangen, oder es kommt von diesen
Parteien nichts, weil man jegliches Engagement
zurückhält, aus Angst, Wähler zu verlieren.
Sieht nach Teufelskreis aus.
Die Landesebene ist durch eine SPD-Größe besetzt,
die für Verkehr zuständig ist. Antworten
auf Anfragen blieben aus.
K.L.
U***@web.de
2018-10-17 07:10:30 UTC
Permalink
Post by Karl-Ludwig Diehl
Kennt jemand Aktivitäten, die zum Thema ÖPNV
für den Westerwald liefen
Änderung des Liniennetzes zum kommenden Dezember: http://www.vrminfo.de/verkehrsverbund/aktuelles/news/news-detail/?no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=4834&cHash=00286b0c3a2424db1b617539d0cacff8

Gruß, ULF

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