Post by Marc HaberPost by Thomas HochsteinPost by Marc HaberIch bin da Team #drosten
Ich bin lieber Team #gesundermenschenverstand
Das hätte ich jetzt nicht erwartet und bin enttäuscht.
Kein Anlass, enttäuscht zu sein.
Ich bewundere ja durchaus sehr, wie viele Menschen nicht nur in der Lage
sind, die Unzahl von Studien (zur relativen Wirksamkeit wie Unwirksamkeit
von Masken, zur Notwendigkeit oder fehlenden Notwendigkeit der
Kontaktminimierung, zur Wirksamkeit, Verträglichkeit, Unwirksamkeit und
Schädlichkeit von Impfungen usw. usf.) zu überblicken, sondern sie auch
alle zu beschaffen, zu lesen, zu verstehen und zu bewerten. Ich bilde mir
ein, ein bißchen mehr von medizinischen Fragen zu verstehen als der
Durchschnitt, aber mir fehlt es dafür zum einen schon schlicht an der Zeit
und zum anderen an den notwendigen Kenntnissen.
Mir bleibt da nur der gesunde Menschenverstand:
1) Bei einer durch Aerosoloe übertragenen Infektion macht es Sinn, die
Ein- wie Ausatemluft zu filtern. Simple OP-Masken sind sicherlich ein
guter Anfang, sitzen aber (prinzipbedingt) so locker, dass die Wirkung nur
überschaubar sein kann (umso mehr, wenn man sie regelmäßig so elegant
unter dem Kinn trägt, wie vielerorts üblich, so dass die elastischen
Bänder ausleiern und sie dann noch nicht einmal über der Nase hält).
FFP2-Masken gehörten auch schon vor der Pandemie zur
Infektionsschutzausstattung und sitzen recht dicht; mutmaßlich sind auch
stramm ansitzende Stoffmasken hilfreich, v.a., wenn sie ebenfalls einen
Einsatz haben. Besonders hilfreich ist es ersichtlich, wenn alle dicht
sitzende Masken tragen, weil dann schon weniger Aerosole in die Raumluft
geraten. (Und dass man an Masken erstickt, ist nicht nur theoretisch
fernliegend; wenn man selbst an einer obstruktiven Erkrankung der Atemwege
leidet, aber mehrere Stunden am Stück Maske tragen und dabei auch fast
durchgehend laut sprechen kann, wird es gesunden Menschen wohl möglich
sein, schlicht zu atmen.)
2) Eine erheblich ansteckende, über Aerosole verbreitete Erkrankung
verbreitet sich umso besser, je höher die Aerosolkonzentration ist, je
mehr Menschen also in je engeren Räumen mit je schlechterem Luftaustausch
je länger zusammen sind. Das spricht bei entsprechenden Infektionszahlen
dafür, das Zusammentreffen vieler Menschen über längere Zeit in
geschlossenen Räumen nach Möglichkeit zu verhindern, oder wenigstens
möglichst wenige Menschen in möglichst großen, möglichst gut belüfteten
Räumen zusammenzuführen. Es hilft dabei im Zweifel wenig, wenn man nur die
Abstände vergrößert oder Plexiglasscheiben aufstellt - jedenfalls dann,
wenn der Kontakt sich über längere Zeit erstreckt.
3) Es ist nicht naheliegend, dass es dabei Ausnahmen für bestimmte enge
Räume mit vielen Menschen und schlechter Belüftung (wie bspw. Fahrzeuge
des öffentlichen Personen(nah)verkehrs) oder für bestimmte Personenkreise
(wie Kinder und Jugendliche oder - ausgerechnet - medizinisches Personal)
gibt. Ausnahmeregelungen für bestimmte Räume oder bestimmte Fahrzeuge sind
daher im Zweifel nicht medizinisch begründet, sondern eher darin, dass
eine Einstellung des ÖPNV auf Umsetzungsschwierigkeiten stößt und Schulen
und Kitas nicht nur der Kinder wegen, sondern vor allem auch als
Betreuungsstätten benötigt werden, damit Eltern ihrem Beruf nachgehen
können.
4) Ein Klassiker bei Infektionskrankheiten ist Quarantäne (d.h. die
Isolierung potentiell Erkrankter) und die Minimierung von Kontakten. Das
funktioniert aber nur, wenn man das konsequent macht. Eine
Kontaktminierung mit vielen Ausnahmen ist vielleicht nicht sinnlos, aber
weitgehend unwirksam. Eine Kontaktminierung, die ein erheblicher Teil der
Bevölkerung nicht mitträgt bzw. unterläuft und die nicht mit massivem
Zwang durchgesetz wird, ist vielleicht nicht sinnlos, aber weitgehend
unwirksam. Eine Kontaktverfolgung und Isolation, die einerseits auf
weitgehend nicht überprüften Selbstaufschrieben beruht und andererseits
mit tage- oder wochenlangem Verzug arbeitet, ist mehr ein Zeichen für ein
Versagen der entsprechenden Gefahrenabwehrbehörden und sinnlose
Beschäftigungstherapie als hilfreich.
5) Ähnlich gilt das für Tests, jedenfalls dann, wenn sie von Laien
letztlich ohne Überprüfung durchgeführt werden (mit einer Ausnahme - in
einer Apotheke - waren alle Fremdtests, denen ich mich unterziehen musste,
vorhersehbar negativ; es wäre auch eher unwahrscheinlich gewesen, in den
ersten 5 Millimetern des Naseneingangs Probenmaterial zu finden). Solche
Tests produzieren vor allem Müllberge - dabei stehen wir doch sonst so auf
"Nachhaltigkeit" - und sind eine Gelddruckmaschine für kriminelle Kreise.
Wenn man mehr Tests braucht, als das Gesundheitswesen liefern kann, weil
man sie für so viele Zwecke vorschreibt und das öffentliche Leben nicht
einschränken, sondern mit einem "Persilschein" versehen möchte, lässt man
es lieber. Sinnvoll ist hingegen die Bereitstellung von Selbsttests für
die Bevölkerung, damit der verantwortungsvolle Teil sich entsprechend
verhalten kann.
6) Impfungen sind - auch wenn sie nicht die erhoffte sterile Immunität
bringen - im Zweifel sinnvoll, weil sie Erkrankungen unwahrscheinlicher
und Verläufe weniger schwer machen. Die Nebenwirkungen und Risiken
getesteter Impfstoffe sind in der Regel vergleichsweise überschaubar, auch
wenn natürlich die reine Zahl der Anwendungen bei Massenimpfungen zu einer
entsprechend hohen absoluten Zahl an Nebenwirkungen oder Impfschäden
führt.
7) Staatliche Regelungen, die sich ständig ändern, die in sich nicht
logisch schlüssig sind und die letztlich - gerade wenn sie starken
Einschränkungen führen - kaum kontrolliert und wenig sanktioniert werden,
sind kontraproduktiv, weil sie die Gutwilligen strapazieren und Normbrüche
mancherorts zum Regelfall werden lassen. Das ist Gift für die
Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung und die Durchsetzung auch anderer
Normen.
Der Versuch, den gesunden Menschenverstand anzuwenden, birgt freilich
immer das Risiko von Fehlschlüssen, weil manches kontraintuitiv ist. Er
ist andererseits oft genug hilfreich: was zu gut klingt, um wahr zu sein,
ist meist nicht wahr (das hilft, nicht unseriösen Anbietern auf den Leim
zu gehen, verhindert aber möglicherweise auch, *das* Schnäppchen des
Jahrhunderts zu machen), und was zu abstrus klingt, um wahr zu sein, ist
meistens ebenfalls nicht wahr. Man sollte immer auch dafür offen bleiben,
dass abstrus erscheinende oder viel zu gut klingende Darstellungen wahr
sein können, tut aber m.E. gut daran, sich davon nur schwer überzeugen zu
lassen.
-thh