Johannes Mueller
2011-09-01 16:21:05 UTC
Hallo mal wieder,
Esperanto hat mich auch diesen Sommer mit der Bahn fahren lassen, diesmal
zwischen Kiew und Angers, zwischen Kopenhagen und Budapest, und ich
will wieder hier davon berichten.
Hintergrund und Grobplanung
===========================
Wie jedes Jahr ging es auch dieses Jahr, was Esperanto-Sommertreffen
angeht, nicht ohne Verzicht. Alles machen geht einfach nicht. Ich entschied
mich für folgende vier Veranstaltungen:
* Internacia Junulara Kongreso: Kiew 14.07. bis 21.07.
* Universala Kongreso: Kopenhagen 23.07. bis 30.07.
* Somera Esperanto Studado: Nitra (sk) 30.07. bis 07.08.
* FESTO: Gresillion (fr) 08.08. bis 15.08.
Start- und Endpunkt mein Wohnort Ludwigsburg.
Das würde also eine einmal Kreuzundquerdurcheuropatour werden.
Vorteilhaft ist, dass die Esperantotreffen schon einige Monate im Voraus
feststehen und noch vorteilhafter ist es, dass man neuerdings auch auf
Spezialtickets b.c.-Punkte bekommt. Also bin ich ziemlich früh (Mitte Mai)
ins RZ in Stuttgart, um die Tickets zu kaufen. Nachdem ich die Verkäuferin
dort eine Weile beschäftigt hatte, hatte ich folgende Tickets in der Hand:
* LB -> Kiev Pass (NP+BC50/RP) mit T3-Bettplatz für den D445
* Kiev Pass -> B Hbf (NP+BC50/RP)
* B Hbf -> Kopenhagen (EuroSpezial)
* Kopenhagen -> HH Hbf (EuroSpezial)
* HH Hbf -> Wien West (Eurospezial) mit 4er Liegewagen für den EN491
* Budapest Keleti -> M Hbf (SparNight) im 4er Liegewagen im EN462
* M Hbf -> Paris Est (EuropaSpezial)
* Paris Est -> LB (EuropaSpezial)
Folgende Lücken gab es also:
* Wien -> Nitra -> Budapest
Da wollte ich eigentlich in Wien so ein Slowakai Regioticket holen. So
wirklich billig sind die aber auch nicht. Ich entschied mich daher für Wien
Süd -> Budapest via Nove Zamky (TCV/RP). Den Stich Nove Zamky <-> Nitra
würde ich vor Ort besorgen.
* Paris <-> Gresillion
Zum FESTO wollte meine Freundin mitfahren. Ich kaufte für uns beide auf
sncf.fr OnlineTickets Paris <-> Angers. Tickets für den Bus Angers <->
Gresillion wurden vor Ort gekauft.
* Bettplatz Kiev Pass -> B Hbf
Dies entpuppte sich als die schwierigste Aufgabe. Die Verkäuferin im RZ
schaffte es nicht, mir eine solche Reservierung zu besorgen und bat mich,
eine Woche später wiederzukommen. Sie würde sich inzwischen darum gekümmert
haben. Eine Woche später sagte sie mir, dass sie die Reservierung für
Kiev -> Berlin in der Ukraine bestellen müsse. Sie nahm dazu meine
Personalien auf und sagte, sie würden sich melden. Frühestens ginge es eh
erst 45 Tage vor der Reise.
Ein paar Wochen später sagte mir Clemens, ein Esperantofreund aus
Karlsruhe, er würde die Strecke gerne mit mir fahren. Nach Kiew wollte er
mit einer Bahnkarawane, die einige Franzosen organisiert haben, fahren. Die
fuhren von Frankreich aus mit lauter Regionalbahnen nach Kiew und brauchten
dafür vier Tage. Ich sagte ihm, er solle sich ein Ticket besorgen und ich
würde mich um die Reservierung kümmern und zusehen, dass wir ins selbe
Abteil kommen.
Ein paar Tage später meldete sich das RZ aus S Hbf telefoninsch und sagte,
dass meine Bettkarte da wäre. Ich fragte, ob ich noch eine zweite bestellen
könnte und er sagte mir, dass er das tun würde. Gleiches Abteil könnte er
aber nicht garantieren. Danach hörte ich nichts mehr.
Eineinhalb Wochen vor Beginn der Reise ging ich erneut zum RZ, um die
beiden Bettkarten abzuholen und es war nur eine da. Die Verkäuferin,
dieselbe, die mir eineinhalb Monate vorher den Löwenanteil meiner Tickets
verkauft hatte, war am Boden zerstört und fürchtete, dass sie in der kurzen
Zeit gar keine Bettkarte mehr bestellen könnte. Sie würde sich kümmern und
mich anrufen.
Zwei Stunden später rief sie an und sagte, dass man noch eine Bettkarte
bestellen könnte. Dazu bräuchte sie aber die Auftragsnummer des Tickets,
mit der diese Bettkarte benutzt werden würde. Ich rief Clemens an und sagte
ihm, er solle sich schnellst möglich noch eine Bettkarte besorgen.
So trat ich meine Reise mit einer dicken Ticketsammlung an.
1. Etapppe: Ludwigsburg -> Kiew
===============================
Ich hatte ein voll flexibles Ticket und entschied mich für folgenden
Fahrplan:
Ludwigsburg ab: Mi 13.07. 12:31 RBxxxx
Stuttgart Hbf an: 12:43
ab: 12:51 ICE598
Berlin Hbf an: 18:56
ab: 21:04 D445/D30
Kiev Pass an: Do 14.07. 21:05
Viele Leute waren im Vorfeld erstaunt über meine Antwort auf die Frage, wie
oft ich auf der Fahrt nach Kiew umsteigen müsste. Ich hätte auch zwei
Stunden später losfahren können, dann hätte ich in Berlin aber nur wenig
Zeit gehabt noch etwas zu essen. Eine Stunde später wäre auch noch
gegangen, hätte aber mehr Umstiege bedeutet. Ich hatte an dem Tag eh schon
Urlaub.
Der ICE598 war mäßig besetzt. Ich fand leicht einen Platz mit Tisch. Als
der Zug losfuhr blickte ein Herr Ende fünfzig am Tisch auf der anderen
Seite des Ganges von seinem Rechner auf und fragte mich in gebrochenem
Deutsch, ob wir gerade in Stuttgart seien. Ich bejahte und er griff
entsetzt nach seinem Telefon und rief jemandem an. Auf englisch erklärte er
seinem Telefonpartner, dass er vor lauter Arbeit vergessen habe in
Stuttgart auszusteigen. Sie berieten etwas, schließlich beendete er das
Telefonat. Er fragte, was die nächste Station sei, wie er nach Sindelfingen
käme. Ich suchte ihm mit meinem Android-Telefon und dem RailNavigator den
nächsten ICE der Taktminute 30 in Manheim raus. War ein ziemlicher
Turnschuhanschluss (3 Minuten) aber machbar, denke ich. Wir kamen mit -1 in
MA an. Er wird es wohl noch geschafft haben.
Die weitere Fahrt verlief ereignisarm. Irgendwann hinter Wolfsburg wurden
Gummibärchen und eine Tageszeitung verteilt als Entschädigung für die
Verlangsamung durch die Baustelle. Die ist aber anscheinend nicht so
schlimm, wie im Fahrplan vorgesehen. Wir erreichten Berlin Hbf mit
-21. Hätte ich ja auch zwei Stunden später fahren können.
So besorgte ich mir eine Pizza und ging in die Lounge. Das Wetter schien
angenehm und so nutzte ich die Zeit bis der D445 käme zu einem Spaziergang
vorbei am Reichstag, Brandenburger Tor, Mozart-Beethoven-Haydn-Denkmal und
wieder zurück.
Der D445 kam pünktlich vom Bahnhof Zoo in den Hbf eingefahren gezogen von
einer Ludmilla. Es fehlte Wagen 260, der Kurswagen nach Kaliningrad. Dieser
wurde erst in FFO beigestellt. Ich zeigte dem Schlafwagenbetreuer meine
Tickets und ging in mein Abteil. Außer mir kam keiner. Ich wollte mich
erkundigen, wann die anderen Fahrgäste kommen würden aber der Schaffner
verstand keine meiner Sprachen. Am Ostbahnhof stieg ein DB-Zub zu, der noch
meine Bahncard sehen wollte. Der konnte mir bei meiner Frage dolmetschen
und so erfuhr ich, dass ich wahrscheinlich bis Jagodin allein im Abteil
sein würde.
Vor Frankfurt (Oder) kam der Zub und fragte ob Kaffee oder Tee. Ich ging
davon aus, dass er das fürs Frühstück wissen wollte. Ich sagte Kaffee und
er kam kurz darauf mit einem kultigen Kaffeebecher und genauso kultigem
Inhalt wieder. Ein Glas ohne Henkel in einem silbernen Henkelbehältnis, dem
Stil nach aus dem Jahre 1900. Der Kaffee sah so aus, wie von mir gekochter
Schwarztee.
In Frankfurt (Oder) standen wir ewig rum, bestimmt 45 Minuten. Ich nehme
mal an Grenzkontrolle. Der Zub war in Berlin schon bei mir gewesen und hat
nach meinem Ausweis gefragt. Als er dann gemerkt hatte, dass ich deutscher
bin, wollte er ihn nicht mehr. Vermutlich also Grenzkontrolle der
nicht-Schengen-Fahrgäste. In Rzepin wurde die Ludmilla der DB durch eine
E-Lok der PKP ersetzt. Kurz danach richtete ich mir mein Bett her und legte
mich zum Schlafen.
In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.
In Kowel gingen einige Babuschaks durch den Zug und boten etwas zu Essen
an. Von da an zieht sich die Fahrt ewig, der Zug fährt so mit 60 km/h durch
die Ebene. In Korosten erkannte ich auf dem Bahnsteig Irina, eine in Berlin
lebende Freundin von mir. Ich stieg aus, um sie zu begrüßen. Sie war auch
unterwegs zum IJK. Normalerweise schaue ich mich auf Fahrten zu
Esperantotreffen immer beim Einsteigen in die Züge auf dem Bahnsteig nach
mir bekannten Leuten um. Diesmal hatte ich es nicht getan. Die letzte der
Reise verbrachten wir gemeinsam in meinem Abteil.
In Kiew wurde es schon dunkel, als wir pünktlich ankamen. Ich hatte eine
Wegbeschreibung, wie wir den Kongress erreichen würden. Wir entschieden
uns, nicht mit der Metro zur Universität zu fahren, sondern zu laufen. An
der Universität warteten wir auf einen Kleinbus, der uns
weitertransportieren würde. Dass Irina als Ukrainierin der lokalen Sprache
mächtig ist, erwies sich als sehr hilfreich. Ausgehängte Fahrpläne gibt es
dort nicht und Irina erfragte sich die notwendigen Infos von wartenden
Leuten an der Haltestelle.
Nach einiger Zeit kam der Kleinbus und brachte uns zum Veranstaltungsort am
südlichen Stadtrand. Zu den Kiewer Kleinbussen und zur Fahrt
Kiew->Kopenhagen im nächsten Posting mehr
Johannes
Esperanto hat mich auch diesen Sommer mit der Bahn fahren lassen, diesmal
zwischen Kiew und Angers, zwischen Kopenhagen und Budapest, und ich
will wieder hier davon berichten.
Hintergrund und Grobplanung
===========================
Wie jedes Jahr ging es auch dieses Jahr, was Esperanto-Sommertreffen
angeht, nicht ohne Verzicht. Alles machen geht einfach nicht. Ich entschied
mich für folgende vier Veranstaltungen:
* Internacia Junulara Kongreso: Kiew 14.07. bis 21.07.
* Universala Kongreso: Kopenhagen 23.07. bis 30.07.
* Somera Esperanto Studado: Nitra (sk) 30.07. bis 07.08.
* FESTO: Gresillion (fr) 08.08. bis 15.08.
Start- und Endpunkt mein Wohnort Ludwigsburg.
Das würde also eine einmal Kreuzundquerdurcheuropatour werden.
Vorteilhaft ist, dass die Esperantotreffen schon einige Monate im Voraus
feststehen und noch vorteilhafter ist es, dass man neuerdings auch auf
Spezialtickets b.c.-Punkte bekommt. Also bin ich ziemlich früh (Mitte Mai)
ins RZ in Stuttgart, um die Tickets zu kaufen. Nachdem ich die Verkäuferin
dort eine Weile beschäftigt hatte, hatte ich folgende Tickets in der Hand:
* LB -> Kiev Pass (NP+BC50/RP) mit T3-Bettplatz für den D445
* Kiev Pass -> B Hbf (NP+BC50/RP)
* B Hbf -> Kopenhagen (EuroSpezial)
* Kopenhagen -> HH Hbf (EuroSpezial)
* HH Hbf -> Wien West (Eurospezial) mit 4er Liegewagen für den EN491
* Budapest Keleti -> M Hbf (SparNight) im 4er Liegewagen im EN462
* M Hbf -> Paris Est (EuropaSpezial)
* Paris Est -> LB (EuropaSpezial)
Folgende Lücken gab es also:
* Wien -> Nitra -> Budapest
Da wollte ich eigentlich in Wien so ein Slowakai Regioticket holen. So
wirklich billig sind die aber auch nicht. Ich entschied mich daher für Wien
Süd -> Budapest via Nove Zamky (TCV/RP). Den Stich Nove Zamky <-> Nitra
würde ich vor Ort besorgen.
* Paris <-> Gresillion
Zum FESTO wollte meine Freundin mitfahren. Ich kaufte für uns beide auf
sncf.fr OnlineTickets Paris <-> Angers. Tickets für den Bus Angers <->
Gresillion wurden vor Ort gekauft.
* Bettplatz Kiev Pass -> B Hbf
Dies entpuppte sich als die schwierigste Aufgabe. Die Verkäuferin im RZ
schaffte es nicht, mir eine solche Reservierung zu besorgen und bat mich,
eine Woche später wiederzukommen. Sie würde sich inzwischen darum gekümmert
haben. Eine Woche später sagte sie mir, dass sie die Reservierung für
Kiev -> Berlin in der Ukraine bestellen müsse. Sie nahm dazu meine
Personalien auf und sagte, sie würden sich melden. Frühestens ginge es eh
erst 45 Tage vor der Reise.
Ein paar Wochen später sagte mir Clemens, ein Esperantofreund aus
Karlsruhe, er würde die Strecke gerne mit mir fahren. Nach Kiew wollte er
mit einer Bahnkarawane, die einige Franzosen organisiert haben, fahren. Die
fuhren von Frankreich aus mit lauter Regionalbahnen nach Kiew und brauchten
dafür vier Tage. Ich sagte ihm, er solle sich ein Ticket besorgen und ich
würde mich um die Reservierung kümmern und zusehen, dass wir ins selbe
Abteil kommen.
Ein paar Tage später meldete sich das RZ aus S Hbf telefoninsch und sagte,
dass meine Bettkarte da wäre. Ich fragte, ob ich noch eine zweite bestellen
könnte und er sagte mir, dass er das tun würde. Gleiches Abteil könnte er
aber nicht garantieren. Danach hörte ich nichts mehr.
Eineinhalb Wochen vor Beginn der Reise ging ich erneut zum RZ, um die
beiden Bettkarten abzuholen und es war nur eine da. Die Verkäuferin,
dieselbe, die mir eineinhalb Monate vorher den Löwenanteil meiner Tickets
verkauft hatte, war am Boden zerstört und fürchtete, dass sie in der kurzen
Zeit gar keine Bettkarte mehr bestellen könnte. Sie würde sich kümmern und
mich anrufen.
Zwei Stunden später rief sie an und sagte, dass man noch eine Bettkarte
bestellen könnte. Dazu bräuchte sie aber die Auftragsnummer des Tickets,
mit der diese Bettkarte benutzt werden würde. Ich rief Clemens an und sagte
ihm, er solle sich schnellst möglich noch eine Bettkarte besorgen.
So trat ich meine Reise mit einer dicken Ticketsammlung an.
1. Etapppe: Ludwigsburg -> Kiew
===============================
Ich hatte ein voll flexibles Ticket und entschied mich für folgenden
Fahrplan:
Ludwigsburg ab: Mi 13.07. 12:31 RBxxxx
Stuttgart Hbf an: 12:43
ab: 12:51 ICE598
Berlin Hbf an: 18:56
ab: 21:04 D445/D30
Kiev Pass an: Do 14.07. 21:05
Viele Leute waren im Vorfeld erstaunt über meine Antwort auf die Frage, wie
oft ich auf der Fahrt nach Kiew umsteigen müsste. Ich hätte auch zwei
Stunden später losfahren können, dann hätte ich in Berlin aber nur wenig
Zeit gehabt noch etwas zu essen. Eine Stunde später wäre auch noch
gegangen, hätte aber mehr Umstiege bedeutet. Ich hatte an dem Tag eh schon
Urlaub.
Der ICE598 war mäßig besetzt. Ich fand leicht einen Platz mit Tisch. Als
der Zug losfuhr blickte ein Herr Ende fünfzig am Tisch auf der anderen
Seite des Ganges von seinem Rechner auf und fragte mich in gebrochenem
Deutsch, ob wir gerade in Stuttgart seien. Ich bejahte und er griff
entsetzt nach seinem Telefon und rief jemandem an. Auf englisch erklärte er
seinem Telefonpartner, dass er vor lauter Arbeit vergessen habe in
Stuttgart auszusteigen. Sie berieten etwas, schließlich beendete er das
Telefonat. Er fragte, was die nächste Station sei, wie er nach Sindelfingen
käme. Ich suchte ihm mit meinem Android-Telefon und dem RailNavigator den
nächsten ICE der Taktminute 30 in Manheim raus. War ein ziemlicher
Turnschuhanschluss (3 Minuten) aber machbar, denke ich. Wir kamen mit -1 in
MA an. Er wird es wohl noch geschafft haben.
Die weitere Fahrt verlief ereignisarm. Irgendwann hinter Wolfsburg wurden
Gummibärchen und eine Tageszeitung verteilt als Entschädigung für die
Verlangsamung durch die Baustelle. Die ist aber anscheinend nicht so
schlimm, wie im Fahrplan vorgesehen. Wir erreichten Berlin Hbf mit
-21. Hätte ich ja auch zwei Stunden später fahren können.
So besorgte ich mir eine Pizza und ging in die Lounge. Das Wetter schien
angenehm und so nutzte ich die Zeit bis der D445 käme zu einem Spaziergang
vorbei am Reichstag, Brandenburger Tor, Mozart-Beethoven-Haydn-Denkmal und
wieder zurück.
Der D445 kam pünktlich vom Bahnhof Zoo in den Hbf eingefahren gezogen von
einer Ludmilla. Es fehlte Wagen 260, der Kurswagen nach Kaliningrad. Dieser
wurde erst in FFO beigestellt. Ich zeigte dem Schlafwagenbetreuer meine
Tickets und ging in mein Abteil. Außer mir kam keiner. Ich wollte mich
erkundigen, wann die anderen Fahrgäste kommen würden aber der Schaffner
verstand keine meiner Sprachen. Am Ostbahnhof stieg ein DB-Zub zu, der noch
meine Bahncard sehen wollte. Der konnte mir bei meiner Frage dolmetschen
und so erfuhr ich, dass ich wahrscheinlich bis Jagodin allein im Abteil
sein würde.
Vor Frankfurt (Oder) kam der Zub und fragte ob Kaffee oder Tee. Ich ging
davon aus, dass er das fürs Frühstück wissen wollte. Ich sagte Kaffee und
er kam kurz darauf mit einem kultigen Kaffeebecher und genauso kultigem
Inhalt wieder. Ein Glas ohne Henkel in einem silbernen Henkelbehältnis, dem
Stil nach aus dem Jahre 1900. Der Kaffee sah so aus, wie von mir gekochter
Schwarztee.
In Frankfurt (Oder) standen wir ewig rum, bestimmt 45 Minuten. Ich nehme
mal an Grenzkontrolle. Der Zub war in Berlin schon bei mir gewesen und hat
nach meinem Ausweis gefragt. Als er dann gemerkt hatte, dass ich deutscher
bin, wollte er ihn nicht mehr. Vermutlich also Grenzkontrolle der
nicht-Schengen-Fahrgäste. In Rzepin wurde die Ludmilla der DB durch eine
E-Lok der PKP ersetzt. Kurz danach richtete ich mir mein Bett her und legte
mich zum Schlafen.
In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.
In Kowel gingen einige Babuschaks durch den Zug und boten etwas zu Essen
an. Von da an zieht sich die Fahrt ewig, der Zug fährt so mit 60 km/h durch
die Ebene. In Korosten erkannte ich auf dem Bahnsteig Irina, eine in Berlin
lebende Freundin von mir. Ich stieg aus, um sie zu begrüßen. Sie war auch
unterwegs zum IJK. Normalerweise schaue ich mich auf Fahrten zu
Esperantotreffen immer beim Einsteigen in die Züge auf dem Bahnsteig nach
mir bekannten Leuten um. Diesmal hatte ich es nicht getan. Die letzte der
Reise verbrachten wir gemeinsam in meinem Abteil.
In Kiew wurde es schon dunkel, als wir pünktlich ankamen. Ich hatte eine
Wegbeschreibung, wie wir den Kongress erreichen würden. Wir entschieden
uns, nicht mit der Metro zur Universität zu fahren, sondern zu laufen. An
der Universität warteten wir auf einen Kleinbus, der uns
weitertransportieren würde. Dass Irina als Ukrainierin der lokalen Sprache
mächtig ist, erwies sich als sehr hilfreich. Ausgehängte Fahrpläne gibt es
dort nicht und Irina erfragte sich die notwendigen Infos von wartenden
Leuten an der Haltestelle.
Nach einiger Zeit kam der Kleinbus und brachte uns zum Veranstaltungsort am
südlichen Stadtrand. Zu den Kiewer Kleinbussen und zur Fahrt
Kiew->Kopenhagen im nächsten Posting mehr
Johannes