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[Reisebericht] Europa kreuz und quer ...
(zu alt für eine Antwort)
Johannes Mueller
2011-09-01 16:21:05 UTC
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Hallo mal wieder,

Esperanto hat mich auch diesen Sommer mit der Bahn fahren lassen, diesmal
zwischen Kiew und Angers, zwischen Kopenhagen und Budapest, und ich
will wieder hier davon berichten.



Hintergrund und Grobplanung
===========================

Wie jedes Jahr ging es auch dieses Jahr, was Esperanto-Sommertreffen
angeht, nicht ohne Verzicht. Alles machen geht einfach nicht. Ich entschied
mich für folgende vier Veranstaltungen:

* Internacia Junulara Kongreso: Kiew 14.07. bis 21.07.
* Universala Kongreso: Kopenhagen 23.07. bis 30.07.
* Somera Esperanto Studado: Nitra (sk) 30.07. bis 07.08.
* FESTO: Gresillion (fr) 08.08. bis 15.08.

Start- und Endpunkt mein Wohnort Ludwigsburg.

Das würde also eine einmal Kreuzundquerdurcheuropatour werden.

Vorteilhaft ist, dass die Esperantotreffen schon einige Monate im Voraus
feststehen und noch vorteilhafter ist es, dass man neuerdings auch auf
Spezialtickets b.c.-Punkte bekommt. Also bin ich ziemlich früh (Mitte Mai)
ins RZ in Stuttgart, um die Tickets zu kaufen. Nachdem ich die Verkäuferin
dort eine Weile beschäftigt hatte, hatte ich folgende Tickets in der Hand:

* LB -> Kiev Pass (NP+BC50/RP) mit T3-Bettplatz für den D445
* Kiev Pass -> B Hbf (NP+BC50/RP)
* B Hbf -> Kopenhagen (EuroSpezial)
* Kopenhagen -> HH Hbf (EuroSpezial)
* HH Hbf -> Wien West (Eurospezial) mit 4er Liegewagen für den EN491
* Budapest Keleti -> M Hbf (SparNight) im 4er Liegewagen im EN462
* M Hbf -> Paris Est (EuropaSpezial)
* Paris Est -> LB (EuropaSpezial)

Folgende Lücken gab es also:

* Wien -> Nitra -> Budapest
Da wollte ich eigentlich in Wien so ein Slowakai Regioticket holen. So
wirklich billig sind die aber auch nicht. Ich entschied mich daher für Wien
Süd -> Budapest via Nove Zamky (TCV/RP). Den Stich Nove Zamky <-> Nitra
würde ich vor Ort besorgen.

* Paris <-> Gresillion
Zum FESTO wollte meine Freundin mitfahren. Ich kaufte für uns beide auf
sncf.fr OnlineTickets Paris <-> Angers. Tickets für den Bus Angers <->
Gresillion wurden vor Ort gekauft.

* Bettplatz Kiev Pass -> B Hbf
Dies entpuppte sich als die schwierigste Aufgabe. Die Verkäuferin im RZ
schaffte es nicht, mir eine solche Reservierung zu besorgen und bat mich,
eine Woche später wiederzukommen. Sie würde sich inzwischen darum gekümmert
haben. Eine Woche später sagte sie mir, dass sie die Reservierung für
Kiev -> Berlin in der Ukraine bestellen müsse. Sie nahm dazu meine
Personalien auf und sagte, sie würden sich melden. Frühestens ginge es eh
erst 45 Tage vor der Reise.

Ein paar Wochen später sagte mir Clemens, ein Esperantofreund aus
Karlsruhe, er würde die Strecke gerne mit mir fahren. Nach Kiew wollte er
mit einer Bahnkarawane, die einige Franzosen organisiert haben, fahren. Die
fuhren von Frankreich aus mit lauter Regionalbahnen nach Kiew und brauchten
dafür vier Tage. Ich sagte ihm, er solle sich ein Ticket besorgen und ich
würde mich um die Reservierung kümmern und zusehen, dass wir ins selbe
Abteil kommen.

Ein paar Tage später meldete sich das RZ aus S Hbf telefoninsch und sagte,
dass meine Bettkarte da wäre. Ich fragte, ob ich noch eine zweite bestellen
könnte und er sagte mir, dass er das tun würde. Gleiches Abteil könnte er
aber nicht garantieren. Danach hörte ich nichts mehr.

Eineinhalb Wochen vor Beginn der Reise ging ich erneut zum RZ, um die
beiden Bettkarten abzuholen und es war nur eine da. Die Verkäuferin,
dieselbe, die mir eineinhalb Monate vorher den Löwenanteil meiner Tickets
verkauft hatte, war am Boden zerstört und fürchtete, dass sie in der kurzen
Zeit gar keine Bettkarte mehr bestellen könnte. Sie würde sich kümmern und
mich anrufen.

Zwei Stunden später rief sie an und sagte, dass man noch eine Bettkarte
bestellen könnte. Dazu bräuchte sie aber die Auftragsnummer des Tickets,
mit der diese Bettkarte benutzt werden würde. Ich rief Clemens an und sagte
ihm, er solle sich schnellst möglich noch eine Bettkarte besorgen.

So trat ich meine Reise mit einer dicken Ticketsammlung an.



1. Etapppe: Ludwigsburg -> Kiew
===============================

Ich hatte ein voll flexibles Ticket und entschied mich für folgenden
Fahrplan:

Ludwigsburg ab: Mi 13.07. 12:31 RBxxxx
Stuttgart Hbf an: 12:43
ab: 12:51 ICE598
Berlin Hbf an: 18:56
ab: 21:04 D445/D30
Kiev Pass an: Do 14.07. 21:05

Viele Leute waren im Vorfeld erstaunt über meine Antwort auf die Frage, wie
oft ich auf der Fahrt nach Kiew umsteigen müsste. Ich hätte auch zwei
Stunden später losfahren können, dann hätte ich in Berlin aber nur wenig
Zeit gehabt noch etwas zu essen. Eine Stunde später wäre auch noch
gegangen, hätte aber mehr Umstiege bedeutet. Ich hatte an dem Tag eh schon
Urlaub.

Der ICE598 war mäßig besetzt. Ich fand leicht einen Platz mit Tisch. Als
der Zug losfuhr blickte ein Herr Ende fünfzig am Tisch auf der anderen
Seite des Ganges von seinem Rechner auf und fragte mich in gebrochenem
Deutsch, ob wir gerade in Stuttgart seien. Ich bejahte und er griff
entsetzt nach seinem Telefon und rief jemandem an. Auf englisch erklärte er
seinem Telefonpartner, dass er vor lauter Arbeit vergessen habe in
Stuttgart auszusteigen. Sie berieten etwas, schließlich beendete er das
Telefonat. Er fragte, was die nächste Station sei, wie er nach Sindelfingen
käme. Ich suchte ihm mit meinem Android-Telefon und dem RailNavigator den
nächsten ICE der Taktminute 30 in Manheim raus. War ein ziemlicher
Turnschuhanschluss (3 Minuten) aber machbar, denke ich. Wir kamen mit -1 in
MA an. Er wird es wohl noch geschafft haben.

Die weitere Fahrt verlief ereignisarm. Irgendwann hinter Wolfsburg wurden
Gummibärchen und eine Tageszeitung verteilt als Entschädigung für die
Verlangsamung durch die Baustelle. Die ist aber anscheinend nicht so
schlimm, wie im Fahrplan vorgesehen. Wir erreichten Berlin Hbf mit
-21. Hätte ich ja auch zwei Stunden später fahren können.

So besorgte ich mir eine Pizza und ging in die Lounge. Das Wetter schien
angenehm und so nutzte ich die Zeit bis der D445 käme zu einem Spaziergang
vorbei am Reichstag, Brandenburger Tor, Mozart-Beethoven-Haydn-Denkmal und
wieder zurück.

Der D445 kam pünktlich vom Bahnhof Zoo in den Hbf eingefahren gezogen von
einer Ludmilla. Es fehlte Wagen 260, der Kurswagen nach Kaliningrad. Dieser
wurde erst in FFO beigestellt. Ich zeigte dem Schlafwagenbetreuer meine
Tickets und ging in mein Abteil. Außer mir kam keiner. Ich wollte mich
erkundigen, wann die anderen Fahrgäste kommen würden aber der Schaffner
verstand keine meiner Sprachen. Am Ostbahnhof stieg ein DB-Zub zu, der noch
meine Bahncard sehen wollte. Der konnte mir bei meiner Frage dolmetschen
und so erfuhr ich, dass ich wahrscheinlich bis Jagodin allein im Abteil
sein würde.

Vor Frankfurt (Oder) kam der Zub und fragte ob Kaffee oder Tee. Ich ging
davon aus, dass er das fürs Frühstück wissen wollte. Ich sagte Kaffee und
er kam kurz darauf mit einem kultigen Kaffeebecher und genauso kultigem
Inhalt wieder. Ein Glas ohne Henkel in einem silbernen Henkelbehältnis, dem
Stil nach aus dem Jahre 1900. Der Kaffee sah so aus, wie von mir gekochter
Schwarztee.

In Frankfurt (Oder) standen wir ewig rum, bestimmt 45 Minuten. Ich nehme
mal an Grenzkontrolle. Der Zub war in Berlin schon bei mir gewesen und hat
nach meinem Ausweis gefragt. Als er dann gemerkt hatte, dass ich deutscher
bin, wollte er ihn nicht mehr. Vermutlich also Grenzkontrolle der
nicht-Schengen-Fahrgäste. In Rzepin wurde die Ludmilla der DB durch eine
E-Lok der PKP ersetzt. Kurz danach richtete ich mir mein Bett her und legte
mich zum Schlafen.

In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.

In Kowel gingen einige Babuschaks durch den Zug und boten etwas zu Essen
an. Von da an zieht sich die Fahrt ewig, der Zug fährt so mit 60 km/h durch
die Ebene. In Korosten erkannte ich auf dem Bahnsteig Irina, eine in Berlin
lebende Freundin von mir. Ich stieg aus, um sie zu begrüßen. Sie war auch
unterwegs zum IJK. Normalerweise schaue ich mich auf Fahrten zu
Esperantotreffen immer beim Einsteigen in die Züge auf dem Bahnsteig nach
mir bekannten Leuten um. Diesmal hatte ich es nicht getan. Die letzte der
Reise verbrachten wir gemeinsam in meinem Abteil.

In Kiew wurde es schon dunkel, als wir pünktlich ankamen. Ich hatte eine
Wegbeschreibung, wie wir den Kongress erreichen würden. Wir entschieden
uns, nicht mit der Metro zur Universität zu fahren, sondern zu laufen. An
der Universität warteten wir auf einen Kleinbus, der uns
weitertransportieren würde. Dass Irina als Ukrainierin der lokalen Sprache
mächtig ist, erwies sich als sehr hilfreich. Ausgehängte Fahrpläne gibt es
dort nicht und Irina erfragte sich die notwendigen Infos von wartenden
Leuten an der Haltestelle.

Nach einiger Zeit kam der Kleinbus und brachte uns zum Veranstaltungsort am
südlichen Stadtrand. Zu den Kiewer Kleinbussen und zur Fahrt
Kiew->Kopenhagen im nächsten Posting mehr


Johannes
Johannes Mueller
2011-09-01 17:45:43 UTC
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Post by Johannes Mueller
Nach einiger Zeit kam der Kleinbus und brachte uns zum Veranstaltungsort
am südlichen Stadtrand. Zu den Kiewer Kleinbussen und zur Fahrt
Kiew->Kopenhagen im nächsten Posting mehr
Also:

2. Etappe Kiew -> Kopenhagen
============================

Fahrplan:

Kiev Pass ab: Do 21.07. 09:30 D29/D444
Berlin Hbf an: Fr 22.07. 07:16
ab: 11:26 ICE 35
Kopenhagen C an: 18:10

Leider wird der frühere ICE von Berlin nach Kopenhagen gerade
verpasst. Deshalb die lange Frühstückspause in Berlin.

Wie vorher schon erwähnt wollte Clemens mit mir zusammen bis Berlin
fahren. Da wir unsere Bettkarten unabhängig voneinander gekauft hatten,
waren wir in unterschiedlichen Abteilen untergekommen. Ich bat eine
einheimische Kongressteilnehmerin, unseren Wunsch, zusammen in einem Abteil
zu reisen, auf russisch auf einen Zettel zu schreiben.

Wir nahmen einen Kleinbus zum südlichen Ende des Kiewer U-Bahnnetzes. Von
dort erreichen wir mit einem Umstieg den Bahnhof. Die Kleinbusse sind ganz
witzig. Eine Fahrt kostet 2,50 Hrywnja. Man steigt ein und gibt dem Fahrer
das Geld um bekommt ggf. Wechselgeld. Wer zur hinterern Tür einsteigt und
sich nicht durch den vollen Bus nach vorne quetschen will, gibt das Geld
einem weiter vorne stehenden Fahrgast und es wird druchgereicht. Genauso
wie das eventuell fällige Wechselgeld. Die U-Bahn von Kiew besteht aus
soliden lauten ratterigen Fahrzeugen, die mit Werbe-Infomonitoren
ausgestattet sind. Tickets gibt es keine, man bekommt vom Automaten oder am
Schalter eine blaue Plastikmünze. Die wirft man an einem Drehkreuz in einen
Schlitz und kann durchgehen. Die Rolltreppen gehen erfrischend schnell. Das
würde in .de wohl kaum eine Zulassung bekommen.

Am Bahnhof hatten wir noch etwas Zeit. Clemes setzte sich in einen
Wartebereich. Davon gibt es reichlich. Ich ließ meinen Rucksack bei ihm und
machte mich auf, den Bahnhof genauer zu erkunden. Der Ausgang zum
Stadtzentrum hin ist im traditionellen Stil gehalten. Zur anderen Seite hin
präsentiert er sich im postsozialistischen Stil. Zu der Zeit, als wir da
waren, kamen aus allen möglichen Richtungen die Nachtzüge an. Praktisch der
ganze Fernverkehr der Ukraine ist Nachtverkehr bzw. Verkehr mit
Nachtanteil. Beispielsweise schaute ich mir den Zug von Moskau nach Odessa
an. Gut 20 Wagen lang mit unterschiedlichen Komfortklassen. Bunt gemischtes
Publikum.

Irgendwann wurde in deutscher Sprache der Zug nach Berlin angesagt. Ich
ging zurück zu Clemens und wir nahmen unser Gepäck und gingen zum
Gleis. Ich fragte den Schaffner, ob er Englisch, Deutsch, Französisch,
Esperanto oder Schwedisch spräche. Nein, nur russisch. Also zeigte ich ihm
den Zettel, auf den Svitlana mir unseren Wunsch formuliert hatte. Er
antwortete auf Russisch. Aus der Gestik interpretierte ich, dass wir erst
einmal einsteigen sollten. Später würde er dann schauen, ob er etwas
tauschen kann. Wir stiegen ein, der Zug fuhr los. Keine weiteren Fahrgäste
in unseren beiden Abteilen.

Nach ein paar Minuten kam der Schlafwagenschaffner wieder und nahm mein
Ticket mit Reservierung mit. Er ging einige Male den Gang auf und ab und
teilte Bettwäsche aus. Mir gab er zwei Garnituren. Ich fragte ihn erneut,
ob wir in ein Abteil gehen können und er vertröstete mich. Eine Minute
später kam er wieder und machte zwei eindeutige Gesten: "Geht nicht!" "Tut
mir leid." Wieder ein paar Minuten später kam er mit meiner Reservierung
und sagte "Billjet billjet, Ticket!" Ich versuchte ihm zu erklären, dass
ich ihm auch das Ticket schon gegeben hatte. Er sah meinen Ticketumschlag
von der DB auf dem Tisch liegen und nahm ihn. Darin fand er einen Ausdruck
des Fahrplans und das Ticket von Berlin nach Kopenhagen. Er schaute es sich
genau an. Dann ging er wieder. Er kam zurück mit einer Kollegin, die auch
kein Englisch oder Deutsch sprach. Sie war nur etwas insistierender. Sagte
etwas von "Billjet" und "Platzkartny". Mir war vollkommen klar, was sie
wollten, mir gelang es aber nicht ihnen das zu erklären. Sie fragte nach
"Passport". Gut, Pass gezeigt. Dann zogen sie wieder ab. Der Schaffner kam
wieder mit einem anderen Fahrgast der dolmetschen konnte. Dem Schaffner war
dann immerhin klar, dass ich das Problem verstanden hatte. Also ging er
wieder, kam wieder zurück und suchte im Abteil, ob da irgendwo das Ticket
liegt. Er durchsuchte meinen Stadtplan von Kiew, der auf dem Tisch lag. Bat
mich aufzustehen um dort zu suchen. Nichts. Er hatte es einfach irgendwo
verschlampt. Genauso, wie das Ticket von Clemens übrigens. Nach diesem
Besuch ließ er mich in Ruhe.

Wie es sich für ein anständiges Esperantotreffen junger Esperantosprecher
gehört, wurde die letzte Nacht durchgemacht. Im Esperanto gibt es dafür den
Ausdruck "ĝis la nokto-nokto-fin'". So hatten Clemens und ich auch in
dieser Nacht nicht geschlafen. Das holten wir jetzt nach, jeder in seinem
Abteil. Nach Kowel kam Clemens zum Essen zu mir ins Abteil und wir
quatschten bis Jagodin. Für die Pass- und Zollkontrolle wollte er in seinem
Abteil sein. Nach der polnischen Zollkontrolle kam er wieder zurück und wir
ließen den Tag ausklingen. Nach dem Halt in Lublin gingen wir schlafen.

Bis Berlin kam kein weiterer Fahrgast in eines unserer Abteile. Ich
verstehe nicht ganz, warum der Schaffner gemeint hatte, wir dürften nicht
das Abteil wechseln. Naja, er scheint ja auch so nicht der hellste gewesen
zu sein. Der Zug kam mit etwa +60 in Berlin an. Es wäre ärgerlich gewesen,
wenn man ab auch bei Nachtzügen ab +60 schon eine Erstattung bekäme und der
Schlafwagenschaffner das Ticket verschlampt hat.

In Berlin trennten sich die Wege von Clemens und mir. Clemens nahm die
S-Bahn zu einem Freund. Ich fuhr mit einem Bus zum Potsdamer Platz. Dort
traf ich mich mit einer Freundin. Wir gingen in ein Café und sie begleitete
mich dann noch zum Bahnhof.

Der ICE nach Kopenhagen war brechend voll. Ich war froh um meine
Sitzplatzreservierung. Die Fahrt verlief unspektakulär. Ein paar Minuten
Verspätung hatten wir nach der Fehmarnbeltquerung. Die behielten wir bis
Kopenhagen. Eventuell kam die Verspätung dadurch zustande, dass die
Überfahrt etwas stürmisch war. Zumindest verglichen mit den sonstigen
Fahrten, die ich dort erlebt habe. Die Leute gingn in den Fluren
Schlangenlinien.

Normalerweise berichte ich hier nicht, weil OT, von den Esperantotreffen
selbst, sondern nur von den Bahnreisen drumherum. Hier gibt es aber eine
OnT-Sache vom UK zu berichten. Jan, ein Kongressteilnehmer arbeitet als Zub
beim Öresundzug. Er hatte eine Exkursion zur Kopenhagener Metrozentrale
besorgt. Wir bekamen die Wartung der Fahrzeuge gezeigt. Die Kopenhagener
Metro besteht aus zwei Linien, bzw. einer Y-Linie. Die Fahrzeuge fahren
automatisch ohne Tf. Die Kontrolle erfolgt aus einem zentralen
Kommandostand, in den wir durch Glasscheiben reinschauen durften. Es
passiert jedoch täglich, dass die Automatik der Fahrzeuge ausfällt,
meistens dadurch, dass die Lokalisierung des Fahrzeuges versagt. In diesem
Fall können die Zubs das Fahrzeug manuell fahren. Sie fahren es dann zur
nächsten Haltestelle, dort ist eine Balise, die das Fahrzeug wieder mit
Daten versorgt. Zwischen den Haltestellen gibt es einen LZB-mäßigen
Linienleiter. Es gibt ein ausgeklügeltes System, das garantiert, dass zu
jeder Zeit ein ausgebildeter Zub binnen fünf Minuten an jedem Ort der
Strecke eintreffen kann, um einen verirrten Zug wieder auf den rechten Weg
zu führen.

Ein paar weitere interessante Details bekamen wir noch erzählt: Die
Haltepunkte der Metro liegen alle auf einer leichten Anhöhe. Das hat den
Vorteil, die einfahrenden Züge durch die Steigung automatisch etwas
gebremst und die abfahrenden durch das Gefälle automatisch etwas
beschleunigt werden. Die unterirdischen Stationen bekommen Tageslicht aus
Glaspyramiden. In diesen sind Glasprismen aufgehängt, die das Tageslicht
einsameln und in die Metrostation spiegeln. Wäre was für S21.


In der nächsten Folge: Kopenhagen -> Nitra


Johannes
Johannes Mueller
2011-09-01 18:08:28 UTC
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Post by Johannes Mueller
In der nächsten Folge: Kopenhagen -> Nitra
3. Etappe Kopenhagen -> Nitra
=============================

Fahrplan:

Kopenhagen C ab: Sa 30.07. 15:27 ICE 32
Hamburg Hbf an: 20:16
ab: 20:34 EN 491
Wien West ab: So 31.07. 09:04
Wien Süd ab: 12:20 REX 2618
Bratislava hl. st. an: 13:32
ab: 13:54 EC 273
Nove Zamky an: 14:45
ab: 14:48 Os 5005
Nitra an: 15:35


Vor zwei Jahren machte ich fast dieselbe Fahrt schon einmal. Damals fuhr
ich von Helsingör nach Modra. Ich berichtete hier über die LKW-Panne auf
der Landungsbrücke, die uns auf der Fehmarnbeltüberfahrt eine Stunde
Verspätung eingebracht hatte. Der EN in HH wurde damals trotzdem
erreicht. So hatte ich sowohl ein gewisses Vertrauen als auch ein gewisses
Misstrauen in diese Verbindung. Ich hatte ein flexibles Ticket bis HH und
eine Sitzplatzreservierung für den oben genannten Zug.

Nach der Abschlussveranstaltung des UK gedachte ich eigentlich zwei Stunden
früher zu fahren, als oben erwähnt, weil meine Freunde der Band "La Perdita
Generacio" mit dem Zug fuhren. Ich entschied mich aber dagegen, wegen der
fehlenden Sitzplatzreservierung. Die Band würde ich sowohl auf dem SES als
auch auf dem FESTO wiedersehen. Also entschied ich mich wie oben
geschrieben zu fahren und nutzte die verbleibende Zeit zum gemeinsamen
Mittagessen mit Mélanie, einer Freundin von mir.

Die Fahrt nach Hamburg ging problemlos. Sitzplatzreservierung ist in dem
Zug notwendig. HH Hbf wurde mit +3 erreicht. Ich besorgte mir bei meinem
Lieblingsbäcker in HH Hbf etwas zu essen und ging zum Gleis. Dort war noch
der CNL nach Zürich/Paris angezeigt. Der CNL kam eingefahren, Reisende
stiegen ein. der Zug fuhr los und hielt nach einigen Metern
wieder. Offenbar irgendein Problem. Ich stand direkt neben dem
Abfertigungsterminal, mit dem das Zp9 geschaltet wird. Durch den
Lautsprecher dort konnte ich hören "Der 419 kommt auf 12". Das gab mir
gegenüber den anderen Reisenden etwa 30 Sekunden Zeitvorsprung. Die Ansage
für die Reisenden kam erst, als ich schon die Treppe auf Gleis 12 herunter
ging. So konnte ich den Exodus der Reisenden von einem Bahnsteig zum
anderen beobachten.

Ich hatte ein 4er Liegewagenabteil. Außer mir war dort noch ein älteres
Ehepaar aus Wien. Ich glaubte zuerst die seien stumm. Sie saßen mir
gegenüber. Er schaute stoisch zum Fenster hinaus, sie beobachtete jede
meiner Bewegungen wie eine Eule.

In Hannover richtete sie ihrem "Schatzi" die Liege her und zeigte ihm, wie
er in diesen Jugenherbergsschlafsack reinschlupfen kann. Ich richtete mir
meine Liege selbst und mir gelang es ohne Anleitung da reinzuschlupfen. In
Göttingen stieg lobenswert geräuscharm eine weitere Reisende zu.

Wien West wurde mit +10 erreicht. Ich ging in die Lounge zum Frühstücken
und Netzkorrespondenz zu erledigen. In der ÖBB-Lounge gibt es freien
WLAN-Zugang. Für die Weiterfahrt nach Bratislava nahm ich den Zug einen
Takt früher. Die STR18 mit ihren urigen Holzsitzen ist für meinen Rucksack
und mich mittlerweile eine alte Bekannte. Genauso, wie der provisorische
Südbahnhof und der CityShuttle nach Bratislava und der dortige
Hauptbahnhof. In Bratislava kaufte ich mir mein Ticket von Novy-Zamky nach
Nitra für sageundschreibe 1,58 €. Ein kurzer Spaziergang in Bratislava,
einen Abstecher zum Kaffeeautomaten und zum Gleis. Der Bahnsteig war voll
und ich hatte keine Sitzplatzreservierung. Ich stellte mich strategisch so,
dass ich in die hintere Tür des Speisewagens einsteigen konnte. Dort stieg
fast keiner aus und so hatte ich vom Wagenübergang aus Poleposition vor den
anderen Reisenden in den Gang des Wagens. So fand ich auch gleich einen
freien Platz. Wieder bestätigte sich meine Meinung zu dem hier ab und zu
diskutierten Thema: Ich mag keine Abteilwagen. Höchstens dann, wenn sie mit
<50% ausgelastet sind. Das Wagenmaterial ar angenehm. Klimatisiert aber
nicht so kühltruhenmäßig wie mancher ICE. Der EC hatte ein paar Minuten
Verspätung, der Anschluss in Novy-Zamky funktionierte trotzdem. Der
Anschlusszug wartete bahnsteiggleich. Der Zug nach Nitra war 100%
schratkompatibel. Schwergängige herunerschiebbare Fenster, kunstlederne Sitze
mit Gepäcknetzen. Alles ziemlich siffig, laut, rattering, rumpelig. In
Nitra war der Zug pünktlich. Die letzten Kilometer zur Unterkunf legte ich
zu Fuß zurück.


Nächste Etappe: Nitra -> Budapest -> Paris -> Gesillion


Johannes
Johannes Mueller
2011-09-01 19:20:40 UTC
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Post by Johannes Mueller
Nächste Etappe: Nitra -> Budapest -> Paris -> Gesillion
4. Etappe: Nitra -> Gresillon
=============================

Fahrplan

Nitra So 07.08.11 ab 15:49 Os 5949
Novy Zamky an 16:37
ab 16:47 EC 171
Budapest Keleti an 18:35
ab 21:05 EN 462
München Hbf Mo 08.08.11 an 06:15
ab 06:20 TGV 9576
Paris Est an 12:34
Paris M'parnasse ab 15:00 TGV 8837
Angers St. Laud an 16:29
ab 16:50 Bus
Baugé an 17:??


Insgesamt waren wir zu viert, die wir uns ein Taxi von der Unterkunft zum
Bahnhof teilten. Eva wollte etwa zur selben Zeit mit dem Bus nach Piešťany
fahren, dem Städchen, das ich letztes Jahr bei meiner Teilnahme am SES
kennengelernt hatte. Außer mir waren es noch Andi und Enrico, die nach
Budapest fuhren. Sie wollten zum MELA, einem traditionellen
Sommerschlambaden etwas südlich von Budapest, zu dem sich einige
Esperantosprecher jedes Jahr zusammenfinden. Ich nahm mir noch einen Kaffee
am Automaten und folgte Andi und Enrico in den Zug. Wieder ein rumpeliger
siffiger Regionalzug. In Nitra hatten wir einen recht schlanken Anschluss
an den EC Berlin -> Budapest. Andi führt auf seinen Esperantoreisen
gewöhnlich einen riesengroßen Schrankkoffer mit sich. Er kümmert sich
normalerweise um den reibungslosen Netzzugang auf den Esperantotreffen. In
seinem Koffer hat er mehere Laptops, zahlreiche WLAN-Router und Repeater,
so dass er damit jede Jugendherberge und sogar den wilden Zeltplatz des
MELA mit zuverlässigem WLAN-Zugriff versorgen kann. Seinen Koffer hat er an
der Ecke der Rollen mit einem Alublech verstärkt, so dass er ihn einfach
Treppenstufen heraufzerren kann, ohne dass der Koffer kaputt geht. Wegen
des schieren Gewichts ist das aber eine recht mühsehlige
Angelegenheit. Entgegen der üblichen Ansagen auf den Bahnhöfen, dass man
sein Gepäck nicht unbeaufsichtig stehenlassen soll, brachte er zunächst
seinen Reiserucksack -- ja den hat er zusätzlich -- zum anderen
Bahnsteig. Dann ging er zurück und holte "das Monster", wie er den Koffer
nennt, nach. Den klaut eh keiner, und wenn doch kann man den Dieb bequem
einholen, weil man mit dem Monster nur langsam vom Fleck kommt.

Ich spekulierte darauf, dass am Ende des Zuges mit den meisten freien
Sitzplätzen zu rechnen sei und so gingen wir ans Ende des Bahnsteiges. Und
tatsächlich hatten wir ein Sitzabteil für uns. Andi holte wieder in einer
zweiten Etappe das Monster vom Bahnsteig in den Zug und stellte es hinter
die Türe des Abteils, wie einen Schutzwall.

Die Fahrt ist landschaftlich recht schön an der Donau entlang. Vor allem im
ungarischen Teil der Strecke. Wir kamen pünktlich in Keleti an, aßen einen
Kebap bei einem Stand, den ich von jetzt an meiden werde, wie den in der
Nähe des Bahnhofs Wien Meidling. Ich kaufte mir meinen "Hurra ich bin in
Ungarn"-Multivitaminsaft und verabschiedete Andi und Enrico in die
Metro. Den Grund, dass die die Metro nahmen und nicht gleich von Keleti zum
Ort des MELA fuhren schreibe ich vielleicht in später, wenn ich einen
Reisebericht zum ReMELA, der MELA-Wiederholung, die dieses Jahr
stattfindet, schreibe.

Ich hatte noch gute zwei Stunden, bis zur Abfahrt des Kalman Imre. Die
nutzte ich dazu, im Városliget, dem großen Park von Budapest bei den
Thermalbädern spazieren zu gehen. Schließlich ging ich zurück. Der Zug
stand schon bereit und ich ging an ihm entlang mit meiner
Liegewagenreservierung in der Hand und suchte nach der Wagennummer. Ich
wurde stutzig, als der Wagen, der der Wagenreihung nach mein Liegewagen
sein sollte, ein Schlafwagen war. An der Tür empfing mich der
Schlafwagenbetreuer, der mir in gutem Deutsch mit charmantem ungarischen
Akzent, dass heute in dem Zug "nur" ein Schlafwagen mitfahren würde und
dass deswegen meine Platznummer nicht 72 sondern 22 sei. Die beiden anderen
Fahrgäste des Abteils würden auch ab Budapest mitfahren. Sie stiegen aber
erst in Budapest-Kelenföld ein. Ich schlief wie ein Stein im
Schlafwagenbett, wie gewöhnlich hatte ich die Nacht davor -- letzte Nacht
eines Esperantotreffens -- wenig geschlafen.

Der knappe Anschluss in München wurde erreicht, das Ausweichen auf den
nachfolgenden ICE war nicht erforderlich. Außer mir nutzten den Anschluss
noch andere Fahrgäste des Kalman Imre. Mein Abteilgenosse etwa fuhr mit bis
Karlsruhe.

Mit Julia, meiner Freundin, die auch nach Gresillion wollte, war ich so
verblieben, dass wir uns irgendwo in der Nähe des Gare Montparnasse treffen
würden. Julia war schon früh morgens nach Paris gefahren, wegen der
günstigen ES-Tickets, das sie bekommen hatte und weil sie noch etwas in
Paris sein wollte. Sie würde ein nettes Bistro zum Mittagessen suchen. Ich
SMSte ihr meine Ankunft am Gare de l'Est und machte mich auf zur Metro. Per
SMS wurde ich von Julia in ein Bistro in der Nähe der Metrostation Gâité
dirigiert. Klappte alles problemfrei. Nach unserem Mittagessen gingen wir
zum Gare Montparnasse. Dort trafen wir Veronika, eine Esperantosprecherin
aus Ungarn, die schon einige Tage zuvor in Paris angekommen war. Ich hatte
sie vorher über unsere Reisepläne informiert. Das Treffen war aber dann
doch eher zufällig.

In Frankreich gibt es an den großen Bahnhöfen die komische Angewohnheit,
die Gleisnummern erst 20 Minuten vor Abfahrt bekannt zu geben. Man steht
also in der Abfahrtshalle rum, und wenn das Gleis angezeigt wird, geht eine
Völkerwanderung auf das Gleis los. Veronika hatte eine Platzreservierung in
einem anderen Wagen. Sie fand aber trotzdem einen Platz in unsrer Nähe, so
dass wir uns während der Fahrt zu dritt unterhalten konnten. In Angers
trafen wir Dimitri aus den Niederlanden, den ich meine ich hier schon
mehrmals erwähnt habe, sowie Clarissa aus Leipzig. Wir nahmen den Bus nach
Baugé. Dort an der Bushaltestelle hing ein Zettel mit dem
esperantosprachigen Hinweis, dass man eine bestimmte Telefonnummer anrufen
solle, wenn man abgeholt werden möchte. Das taten wir und kurz darauf kamen
Emĉjo und Alekĉjo angefahren, um uns abzuholen.


Das war die vorletzte Etappe, die letzte folgt im nächsten und letzten
Teil.



Johannes
Johannes Mueller
2011-09-02 19:27:49 UTC
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Post by Johannes Mueller
Das war die vorletzte Etappe, die letzte folgt im nächsten und letzten
Teil.
5. Etappe: Gesillon -> Ludwigsburg

Bevor ich diese Etappe schildere, ein kleiner Einschub: Die Band "La
perdita generacio" aus Schweden, mit denen ich befreundet bin, nahmen
ebenfalls an den Veranstaltugen in Kopenhagen, Nitra und Gresillon
teil. Sie waren mit Interrailtickets unterwegs. Das funktionierte auch ganz
gut, außerhalb Frankreichs. Das Problem war nun, dass sie Samstags abends
ein Konzert geben und Montags um 12:15 in Kopenhagen sein mussten. Das ist
fahrplantechnisch gar nicht so einfach. Vor allem dann, wenn man TGV-Züge
meiden muss.

Ich fand ihnen folgende Verbindung:

Angers St. Laud So 14.08.11 ab 08:13 TGV 5813
Lyon Part Dieu an 12:01
ab 12:34 RE 96506
Genève an 14:25
ab 15:14 IC 653
Basel SBB an 17:53
ab 18:26 CNL 472
Kopehagen H Mo 15.08.11 an 10:02


Die Reservierung für den TGV kauften sie vorort. Blieb die frage nach den
Liegewagenreservierungen für den CNL. Ich rief die Nummer auf meiner BC an
und ließ die Reservierungen auf die Bahncard eines der Reisenden
Bahn-tixen. So mussten sie einen weitern Umstieg in Basel Bad Bf
einschieben, um dort die Tickets aus dem NTA zu holen. Klappte alles
problemlos.


Nun zu unserer Reiseetappe:

Fahrplan:

Angers St Laud So, 04.09.11 ab 08:09 TGV 8812
Paris Monttparnasse an 09:50
Paris Est ab 17:24 TGV 9577
Stuttgart Hbf an 21:05
ab 21:15 RB 19134
Ludwigsburg So, 04.09.11 an 21:25


Eigentlich war der Plan nicht schlecht. In der Tagesrandlage günstige
Tickets erstanden, die uns noch fast einen ganzen Tag in Paris bescheren
würden. Zwei Haken hatte die Sache. 1. "Ĝis la nokto-nokto fin'" 2. am
15. August fuhren keine Busse von Baugé nach Angers. Man organisierte einen
Fahrdienst, dass FESTO-Teilnehmer mit Auto Teilnehmer ohne Auto zu den
Bahnhöfen fahren. Aber nach der durchgemachten letzten Nacht, wollte uns
keiner morgens um sieben zum Bahnhof bringen. Claude, einer der Teilnehmer,
bot uns an, dass wir mit seinem Auto nach Angers fahren. Wir sollten es
irgendwo am Bahnhof abstellen, per SMS den genauen Standort mitteilen, so
dass er es tagsüber, wenn jemand anderes zum Bahnhof gefahren wird, abholen
kann.

Das Auto war ein ~30 Jahre alter Mercedes mit 350 Tkm. Die Schaltung was
ziemlich grantig. So fuhren wir mit der Karre also nach Angers rein, auf
der Stadtautobahn. Dort fing der Motor an zu ruckeln. Das ruckeln wurde
stärker und irgendwann merkte ich, dass die Servounterstützung weg
ist. Glücklicherweise war dort gerade die passende
Autobahnabfahrt. Unmittelbar nach der Abfahrt musste ich an einer roten
Ampel anhalten. Motor war aus, Anlasser röchelte schwach, klassisches
Problem: kaputter Keilriemen, kaputte Lichtmaschine, Batterie leer.

Na suuuper, stell dir vor du stehst mit geliehenem kaputtem Auto in einer
fremden Stadt auf der Kreuzung und in 40 Minuten fährt dein Zug. Claude
schlief noch. Neben uns hielt ein Auto mit einem jungen Pärchen. Ich
singalisierte ihnen, dass wir ein Problem haben. Sie meinten, sie würden
gerne helfen, müssten aber zum Bahnhof. Ja, da müssen wir auch hin. Sie
halfen uns dann, das Auto über die Kreuzung zu schieben. Dort war ein
Parkplatz, wo wir es abstellen konnten. Wir luden unser Gepäck um, in das
Auto des Pärchens. Sie nahmen uns mit zum Bahnhof. Nochmal Glück
gehabt. Ich schrieb eine SMS an Claude, wo er sein Pannenauto mit vermutlich
kaputter Lichtmaschine finden würde.

Im TGV schliefen wir dann noch etwas, bevor er am hässlichsten Bahnhof der
Welt, Paris Montparnasse ankam. Mit der U-Bahn ging es weiter zu einem der
schöneren Bahnhöfe der Welt, dem Gare de l'Est. Wir gaben unser Gepäck ab und
machten uns auf zu einem Tagesrundgang in Paris.

Die Fahrt mit dem TGV am Abend verlief ereignislos. Wir hatten wieder
einmal Sitzplätze an eineem Pseudofensterplatz. Aber es war sowieso
schlafen angesagt.


Nachwort
========

Wiedermal eine spannende Reise gemacht, wobei die internationalen Fahrten
mehr und mehr zur Routine werden, wie es die innerdeutschen schon seit
Jahren sind. Kiew war dieses mal etwas neues, was Rollmaterial, Zugpersonal
und dergleichen angeht.

Nächstes Jahr sind die beiden großen Esperantokongresse in Vietnam und
Japan. Ich weiß nicht, ob ich mir die Zeit nehmen werde dort zumindest
einen Weg per Bahn zu bewältigen. Das bringt's in meinen Augen nur dann,
wenn man sich wirklich Zeit lässt hier und dort einen Tag zum Besichtigen
einplant. Genug Anlaufstellen auf der Strecke bei Freunden zum Übernachten
hat man als Esperantosprecher allemal.


Danke fürs Lesen


Johannes
Ulrich Witte
2011-09-02 19:47:10 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
Post by Johannes Mueller
Das war die vorletzte Etappe, die letzte folgt im nächsten und letzten
Teil.
5. Etappe: Gesillon -> Ludwigsburg
[alle Teile]

Danke, hat mir viel Spaß beim Lesen gebracht.

Ulrich
--
http://fotos.cconin.de
Holger Koetting
2011-09-03 09:32:49 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
teil. Sie waren mit Interrailtickets unterwegs. Das funktionierte auch ganz
gut, außerhalb Frankreichs.
Auch innerhalb Frankreichs ist das kein Problem.
Post by Johannes Mueller
Vor allem dann, wenn man TGV-Züge meiden muss.
Muss nicht unbedingt. Man will TGV meiden, wenn man Reisegruppen, die
nur eine Tür kennen und alles blockieren, nicht haben will oder einen
ordentlichen Sitzabstand. :-)

Nein, ernsthaft. TGV ist auch mit IR kein Problem, allenfalls für
diejenigen, die sich nicht rechtzeitig Gedanken über ihre Verbindung
gemacht haben und dann auf ausgebuchte Züge treffen. Was ich allerdings
in diesem Sommer wieder so an planlosen Interrailern angetroffen habe,
wäre diverse Stories wert. Klassischerweise fragt man sich da manchmal,
wie es so einige ob ihrer Naivität schaffen, überhaupt morgens ihre
Schuhe zu binden...
Die ist doch ganz in Ordnung.

Gruß,

Holger K. aus D.
--
Streckenstillegung? Nein, es wird nur nichts bestellt!

E-Mail: ***@gmx.de
Homepage: http://www.student.informatik.tu-darmstadt.de/~koetting
Johannes Mueller
2011-09-03 20:38:30 UTC
Permalink
Post by Holger Koetting
Post by Johannes Mueller
teil. Sie waren mit Interrailtickets unterwegs. Das funktionierte auch ganz
gut, auÃ?erhalb Frankreichs.
Auch innerhalb Frankreichs ist das kein Problem.
[...]
Post by Holger Koetting
Nein, ernsthaft. TGV ist auch mit IR kein Problem, allenfalls für
diejenigen, die sich nicht rechtzeitig Gedanken über ihre Verbindung
gemacht haben und dann auf ausgebuchte Züge treffen.
Und genau das ist innerhalb Frankreichs das Problem. Flexibilität existiert
nicht. Zum Teil kostet die TGV-Benutzung saftig Aufpreis. Und wenn man dann
gleich mehrere TGVs verwenden muss, kostet es den Aufpreis gleich
mehrmals. Die SNCF macht schon sehr deutlich, dass sie die IRler nicht in
ihren Zügen haben möchte.

Und bei Angers -> Kopenhagen ist dann dummerweise noch Paris im Weg.
Post by Holger Koetting
Die ist doch ganz in Ordnung.
Ja klar ist die in Ordnung. Deshalb haben sie ja auch mich darauf angesetzt
und haben nicht bei der SNCF angerufen. Im Ernst, ich habe schon ziemlich
bewusst eine Verbindung über den Rettungsarm Genf, der einen zur Not aus
Frankreich nach Hause holt, gesucht. Den CNL habe ich auch bewusst
angefahren. Und selbst diesen komischen TGV Nantes -> Parris Massy ->
Lyon -> Marseille habe ich bewusst gewählt. Ohne Trickserreien in HAFAS
findet man die nicht.


Johannes
Holger Koetting
2011-09-03 21:24:08 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
Zum Teil kostet die TGV-Benutzung saftig Aufpreis.
Einheitlich 6 EUR. Saftig kann man das dann allenfalls für
Kurzverbindungen nach dem Motto "Part Dieu nach Perrache"
nennen. Trotzdem widerspricht es natürlich dem Gedanken des
IR, wo man ja theoretisch "alles" bezahlt hat.
Post by Johannes Mueller
mehrmals. Die SNCF macht schon sehr deutlich, dass sie die IRler nicht in
ihren Zügen haben möchte.
Nun ja, Jahreskarteninhaber müssen für Reservierungen auch
gesondert blechen. Sind zwar nur 1,50 EUR, aber auch für
jeden Zug.

Gruß,

Holger K. aus D.
--
Streckenstillegung? Nein, es wird nur nichts bestellt!

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Johannes Mueller
2011-09-03 22:11:03 UTC
Permalink
Post by Holger Koetting
Post by Johannes Mueller
Zum Teil kostet die TGV-Benutzung saftig Aufpreis.
Einheitlich 6 EUR. Saftig kann man das dann allenfalls für
Kurzverbindungen nach dem Motto "Part Dieu nach Perrache"
nennen. Trotzdem widerspricht es natürlich dem Gedanken des
IR, wo man ja theoretisch "alles" bezahlt hat.
Ich hab's nicht überprüft, aber für Angers -> Paris und dann für den Talys
von dort nach Köln wurden laut unsrer einheimischen Freunde *je* 18 €
verlangt.
Post by Holger Koetting
Post by Johannes Mueller
mehrmals. Die SNCF macht schon sehr deutlich, dass sie die IRler nicht in
ihren Zügen haben möchte.
Nun ja, Jahreskarteninhaber müssen für Reservierungen auch
gesondert blechen. Sind zwar nur 1,50 EUR, aber auch für
jeden Zug.
*Muss* man nicht. Kann man, wenn man eine Reservierung haben möchte.


Johannes
Holger Koetting
2011-09-03 23:10:50 UTC
Permalink
Ich hab's nicht überprüft, aber für Angers -> Paris und dann für den Talys
von dort nach Köln wurden laut unsrer einheimischen Freunde *je* 18 €
verlangt.
Joh, das ist der Last-Minute-Tarif, wenn die Kontigente ausgebucht
sind. Ein paar Minuten früher buchen kann manchmal lohnend sein.

Gruß,

Holger K. aus D.
--
Streckenstillegung? Nein, es wird nur nichts bestellt!

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Johannes Mueller
2011-09-04 08:20:51 UTC
Permalink
Post by Holger Koetting
Ich hab's nicht überprüft, aber für Angers -> Paris und dann für den
Talys von dort nach Köln wurden laut unsrer einheimischen Freunde *je*
18 â?¬ verlangt.
Joh, das ist der Last-Minute-Tarif, wenn die Kontigente ausgebucht
sind. Ein paar Minuten früher buchen kann manchmal lohnend sein.
Eben. Nichts als Probleme, wenn man in Frankreich flexibel Bahn fahren
will. In D einfach (Handy)Ticket kaufen bzw. IR-Ticket haben, einsteigen
und gut.


Johannes
Ralf Gunkel
2011-09-04 09:03:38 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
Post by Holger Koetting
Ich hab's nicht überprüft, aber für Angers -> Paris und dann für den
Talys von dort nach Köln wurden laut unsrer einheimischen Freunde *je*
18 â?¬ verlangt.
Joh, das ist der Last-Minute-Tarif, wenn die Kontigente ausgebucht
sind. Ein paar Minuten früher buchen kann manchmal lohnend sein.
Eben. Nichts als Probleme, wenn man in Frankreich flexibel Bahn fahren
will. In D einfach (Handy)Ticket kaufen bzw. IR-Ticket haben, einsteigen
und gut.
Dann macht das nächste mal blos nicht eine Tour via Spanien.
Da kann dir Holger noch schrillere "Fahrkarten-Kaufgeschichten" bringen.

Ab und zu hat man den Verdacht die RENFE [1] hat diverse Berater aus
der alten Bundesbahnzentrale. Null Kunde = Null Zugverkehr = Null Defizit.


Gruß Ralf
[1] Meiner Einschätzung nach die erfolgloseste Bahngesellschaft Europas
nach der OSE und vor der ÖBB.
Keiner fährt weniger Verkehr auf so viel (guter9 Infrastruktur. Gegen
die RENFE ist die CP oder FEVE geradezu die SBB auf der Iberischen
Halbinsel.
--
"Sicherungstechnik ist praktizierte Paranoia. Und das ist auch gut so."
Dirk Moebius in deb*
Martin Bienwald
2011-09-20 08:44:56 UTC
Permalink
Post by Holger Koetting
Zum Teil kostet die TGV-Benutzung [mit Interrail] saftig Aufpreis.
Einheitlich 6 EUR.
Der 6-Euro-Aufpreis ist meines Wissens kontingentiert; wenn der alle ist,
wirds teurer ...

... Martin
Holger Koetting
2011-09-20 09:22:44 UTC
Permalink
Post by Martin Bienwald
Der 6-Euro-Aufpreis ist meines Wissens kontingentiert; wenn der alle
ist, wirds teurer ...
Früher bist Du dann gar nicht mehr mitgekommen.

Gruß,

Holger K. aus D.
--
Streckenstillegung? Nein, es wird nur nichts bestellt!

E-Mail: ***@gmx.de
Homepage: http://www.student.informatik.tu-darmstadt.de/~koetting
Martin Bienwald
2011-09-21 09:15:08 UTC
Permalink
Post by Holger Koetting
Post by Martin Bienwald
Der 6-Euro-Aufpreis ist meines Wissens kontingentiert; wenn der alle
ist, wirds teurer ...
Früher bist Du dann gar nicht mehr mitgekommen.
Solange es noch andere Kontingente gab, notfalls zum Normalpreis ... aber
mit Interrail will man das nicht wirklich ...

... Martin
Johannes Mueller
2011-09-23 17:05:30 UTC
Permalink
Post by Martin Bienwald
Post by Holger Koetting
Zum Teil kostet die TGV-Benutzung [mit Interrail] saftig Aufpreis.
Einheitlich 6 EUR.
Der 6-Euro-Aufpreis ist meines Wissens kontingentiert; wenn der alle ist,
wirds teurer ...
Und genau das war hier der Fall.


Johannes
Uli Weiß
2011-09-04 12:03:12 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
Post by Johannes Mueller
Das war die vorletzte Etappe, die letzte folgt im nächsten und letzten
Teil.
Ersteinmal danke für die ausführlichen Reiseberichte, die ich in der Tat
alle gelesen hab.

. Das funktionierte auch ganz
Post by Johannes Mueller
gut, außerhalb Frankreichs. Das Problem war nun, dass sie Samstags abends
ein Konzert geben und Montags um 12:15 in Kopenhagen sein mussten. Das ist
fahrplantechnisch gar nicht so einfach. Vor allem dann, wenn man TGV-Züge
meiden muss.
Angers St. Laud So 14.08.11 ab 08:13 TGV 5813
Lyon Part Dieu an 12:01
ab 12:34 RE 96506
Genève an 14:25
ab 15:14 IC 653
Basel SBB an 17:53
ab 18:26 CNL 472
Kopehagen H Mo 15.08.11 an 10:02
Hierzu ein kleine Anmerkung. Neben Genf gibt's auch noch Strasbourg als
"Anker" für das Herauskommen aus Frankfreich. Zwar gibt's nicht so viele
Direkt-TGVs nach Strasbourg, aber doch aus recht vielen Gegenden
Frankreichs. Im konkreten gäbe es mit immerhin einer Stunde weniger
Fahrzeit, (noch) entspannteren Umsteigezeiten und einem Umstieg weniger
das hier:

Halt Datum Zeit Gleis Fahrt Bemerkungen


Angers St Laud So, 14.08. 9:13 ab TGV 5478 [RP] [GP] [BW]
[4]
Strasbourg 13:59 an


Strasbourg 14:51 ab RE 96239 [FK]

Basel SNCF 16:21 an


Basel SNCF ab Fußweg

Basel SBB an 10 Min


Basel SBB 18:26 ab CNL 472 [RP] [FR] [G ]
[J2] [SW] [LW] [BR] [MN]
Koebenhavn H Mo, 15.08. 10:02 an


Fahrzeit: 24 Std 49 Min; fährt nicht täglich, 14., 21. Aug



Wenn die CNL in Offenburg halten würde, dann ging's sogar noch direkter.
Mir wäre die Verbindung vor allem deswegen sympathischer, da sie
direkter ist, und ich nicht erst nach Lyon runter muss, sondern
zumindest halbwegs direkt fahre.

Auch auf dem direkten Weg lässt sich der Bahnhofswechsel in Paris
durchaus vermeiden, z.B. so:

Halt Datum Zeit Gleis
Fahrt Bemerkungen

Angers St Laud So, 14.08. 11:43 ab TGV
5258 [RP] [GP] [BW] [RO]
Aeroport Paris-Charles de Gaulle TGV 14:10 an


Aeroport Paris-Charles de Gaulle TGV 16:03 ab TGV
9863 [RP] [GP] [BW]
Bruxelles-Midi 18:05 an


Bruxelles-Midi 18:25 ab ICE
19 [01] [BT]
Köln Hbf 20:15 an 4


Köln Hbf 21:26 ab 5 [4]
CNL40447 [RP] [FR] [FK] [J2] [SW] [LW] [MN]
Koebenhavn H Mo, 15.08. 10:02 an


Fahrzeit: 22 Std 19 Min; fährt nicht täglich, 14. bis 28. Aug Mo, So;
nicht 22. Aug
Längerer Aufenthalt!


Hier fehlt's dann eher an Direktverbindungen CDG - Köln oder auch an
einem Nachtzug Brüssel - Kopenhagen. So wären's halt dann zwei TGVs.
Post by Johannes Mueller
Danke fürs Lesen
Gerne!
Post by Johannes Mueller
Johannes
Uli
Bodo G. Meier
2011-09-01 18:19:10 UTC
Permalink
[...] Nach ein paar Minuten kam der Schlafwagenschaffner wieder und
nahm mein Ticket mit Reservierung mit. Er ging einige Male den Gang
auf und ab und teilte Bettwäsche aus. Mir gab er zwei Garnituren.
[...] Dem Schaffner war dann immerhin klar, dass ich das Problem
verstanden hatte. Also ging er wieder, kam wieder zurück und suchte
im Abteil, ob da irgendwo das Ticket liegt. Er durchsuchte meinen
Stadtplan von Kiew, der auf dem Tisch lag. Bat mich aufzustehen um
dort zu suchen. Nichts. Er hatte es einfach irgendwo verschlampt.
Genauso, wie das Ticket von Clemens übrigens. Nach diesem Besuch ließ
er mich in Ruhe.[...]
Eure Tickets liegen bestimmt heute noch irgendwo in dem Kabuff, wo der
Bettwäschevorrat verstaut ist. Oder sind mit einer Bettwäschengarnitur
ausgeteilt worden und beim Beziehen in irgendeine Ritze gerutscht.
Mannomann, so eine Schlamperei! Das sind schliesslich wichtige
Dokumente. :-(

Danke für Deinen Bericht!

Gruss,
Bodo
--
Bodo G. Meier * dr. rer. nat. * Trondheim * Norway
http://home.broadpark.no/~bodogm/
Patrick Rudin
2011-09-05 18:37:20 UTC
Permalink
Bodo G. Meier wrote:
[vom Schaffner verlorene Tickets]
Post by Bodo G. Meier
Mannomann, so eine Schlamperei!
Mir scheint von der Schilderung her relativ klar, dass er durch die
Blume versucht hat, ein grosszügiges Trinkgeld zu kriegen, dann hätte er
die Tickets wohl wieder gefunden und ein Abteilwechsel wäre problemlos
gegangen. Oder sind das bloss meine Vorurteile?


Gruss

Patrick
Johannes Mueller
2011-09-06 15:19:48 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
[vom Schaffner verlorene Tickets]
Post by Bodo G. Meier
Mannomann, so eine Schlamperei!
Mir scheint von der Schilderung her relativ klar, dass er durch die
Blume versucht hat, ein grosszügiges Trinkgeld zu kriegen, dann hätte er
die Tickets wohl wieder gefunden und ein Abteilwechsel wäre problemlos
gegangen. Oder sind das bloss meine Vorurteile?
Was den Abteilwechsel angeht, vielleicht. Was das Ticket angeht, eher
nicht. Er schien doch ziemlich verzweifelt, dass das weg ist und ich habe
keinerlei Druck gemacht oder Unmut darüber geäußert, dass das Ticket weg
ist. Galt ja eh nur bis Berlin.


Johannes
Martin Bienwald
2011-09-20 08:47:44 UTC
Permalink
Post by Bodo G. Meier
[...] Nach ein paar Minuten kam der Schlafwagenschaffner wieder und
nahm mein Ticket mit Reservierung mit. Er ging einige Male den Gang
auf und ab und teilte Bettwäsche aus. Mir gab er zwei Garnituren.
[...] Dem Schaffner war dann immerhin klar, dass ich das Problem
verstanden hatte. Also ging er wieder, kam wieder zurück und suchte
im Abteil, ob da irgendwo das Ticket liegt. Er durchsuchte meinen
Stadtplan von Kiew, der auf dem Tisch lag. Bat mich aufzustehen um
dort zu suchen. Nichts. Er hatte es einfach irgendwo verschlampt.
Genauso, wie das Ticket von Clemens übrigens. Nach diesem Besuch ließ
er mich in Ruhe.[...]
Eure Tickets liegen bestimmt heute noch irgendwo in dem Kabuff, wo der
Bettwäschevorrat verstaut ist. Oder sind mit einer Bettwäschengarnitur
ausgeteilt worden und beim Beziehen in irgendeine Ritze gerutscht.
Oder an Fahrgäste verkauft worden, die ohne Ticket eingestiegen sind,
nachdem der Schaffner mit dem plumpen Versuch, von euch noch mal zu
kassieren, gescheitert ist ...

... Martin
Patrick Rudin
2011-09-05 18:25:27 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.
Was dauert beim Umspuren denn so lange? Müssen die quasi jeden Wagen
einzeln entsichern, durchfahren und dann wieder stehend sichern, bevor
das beim nächsten Wagen geschieht?

Wenn das der Normalfall ist, sollte man die Kurswagen abschaffen und die
Leute dort einfach umsteigen lassen. Wäre vermutlich für alle
Beteiligten die bessere Lösung...


Gruss

Patrick
Johannes Mueller
2011-09-06 15:28:21 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Johannes Mueller
In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.
Was dauert beim Umspuren denn so lange? Müssen die quasi jeden Wagen
einzeln entsichern, durchfahren und dann wieder stehend sichern, bevor
das beim nächsten Wagen geschieht?
Ich konnte es leider nicht so genau beobachten. Das Abteilfenster lies sich
nicht öffnen. Als ich das Abteil verließ, um das Treiben etwas zu
beobachten, kam sofort der Zub angewackelt, um mich wieder ins Abteil
zu schicken.

Es hat schon ewig gedauert, bis die den Zug positioniert hatten. Das machen
die mit Hupsignalen. So wie ich das beobachtet habe, gibt es da folgenden
Befehlscode.

1x Hupen: vorwärts
2x Hupen: rückwärts
3x Hupen: stop

Und dann geht's ständig: "Hup" (Zug fährt vorwärts) nach drei Metern: "Hup
Hup Hup" (Zug hält ruckartig) "Hup Hup" (Zug fährt rückwärts) "Hup Hup Hup"
() "Hup" () "Hup Hup Hup" () "Hup" () "Hup Hup Hup" etc.

Wenn der Zug dann steht, dauert es wohl deshalb so lange, weil die die
Drehgestelle nacheinander austauschen. Das wäre wohl parallelisierbar.
Post by Patrick Rudin
Wenn das der Normalfall ist, sollte man die Kurswagen abschaffen und die
Leute dort einfach umsteigen lassen. Wäre vermutlich für alle
Beteiligten die bessere Lösung...
Für mich wäre es das auf jeden Fall. Wenn man da einen Aufenthalt von 30
Minuten einplant, könnte am Umsteigebahnhof noch mit Imbis / Restaurant /
Wechselstube / ... etwas an Umsatz generiert werden.


Johannes
U***@web.de
2020-07-24 07:47:03 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
Post by Patrick Rudin
Post by Johannes Mueller
In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.
Was dauert beim Umspuren denn so lange? Müssen die quasi jeden Wagen
einzeln entsichern, durchfahren und dann wieder stehend sichern, bevor
das beim nächsten Wagen geschieht?
Ich konnte es leider nicht so genau beobachten. Das Abteilfenster lies sich
nicht öffnen. Als ich das Abteil verließ, um das Treiben etwas zu
beobachten, kam sofort der Zub angewackelt, um mich wieder ins Abteil
zu schicken.
Es hat schon ewig gedauert, bis die den Zug positioniert hatten. Das machen
die mit Hupsignalen. So wie ich das beobachtet habe, gibt es da folgenden
Befehlscode.
1x Hupen: vorwärts
2x Hupen: rückwärts
3x Hupen: stop
Und dann geht's ständig: "Hup" (Zug fährt vorwärts) nach drei Metern: "Hup
Hup Hup" (Zug hält ruckartig) "Hup Hup" (Zug fährt rückwärts) "Hup Hup Hup"
() "Hup" () "Hup Hup Hup" () "Hup" () "Hup Hup Hup" etc.
Wenn der Zug dann steht, dauert es wohl deshalb so lange, weil die die
Drehgestelle nacheinander austauschen. Das wäre wohl parallelisierbar.
Post by Patrick Rudin
Wenn das der Normalfall ist, sollte man die Kurswagen abschaffen und die
Leute dort einfach umsteigen lassen. Wäre vermutlich für alle
Beteiligten die bessere Lösung...
Für mich wäre es das auf jeden Fall. Wenn man da einen Aufenthalt von 30
Minuten einplant, könnte am Umsteigebahnhof noch mit Imbis / Restaurant /
Wechselstube / ... etwas an Umsatz generiert werden.
Es ist ja auch Aufwand. Deswegen ließ und läßt man
Sitzwagenreisende (gut, kommen bei Dorohusk derzeit
ohnehin nicht über die Grenze) umsteigen.

Aber: Die durchgehende Bettkarte sichert die durchgehende
Fahrt. Bin mal in Brest auf polnischen Sitzwagen umgestiegen,
kostete mich einen Anschlußzug, weil man da noch eine
Platzkarte vorzeigen mußte und der Schalter gut belagert war.

Vgl. Przemysl Gl. nach Ankunft eines dort endenden Zugs aus
der Ukraine.

Die Umspurzeit wird zumindest neuerdings auch für
Zollkontrolle genutzt, Anwesenheit der Reisenden wird
vorausgesetzt.

Steht der Zug nachher am Bahnsteig, könnte
man theoretisch einen Imbiß erwerben wollen.

Allerdings kann man dort kein Geld wechseln,
offiziell sowieso nicht.

Angebote des Verpflegungstyps sah ich dort auch
nicht.

Als ich dann bis Korosten richtig Hunger bekam
(im Berliner Zug, im aktuellen Warschauer Zug
herrscht da Ausgangsverbot), lief ich durch den
Bahnhof und bekam von der Transportpolizei den
Hinweis, wo ich illegal Geld tauschen könnte...

Gruß, ULF
Ulf Kutzner
2023-11-15 13:33:05 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
Post by Patrick Rudin
Post by Johannes Mueller
In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.
Was dauert beim Umspuren denn so lange? Müssen die quasi jeden Wagen
einzeln entsichern, durchfahren und dann wieder stehend sichern, bevor
das beim nächsten Wagen geschieht?
Ich konnte es leider nicht so genau beobachten. Das Abteilfenster lies sich
nicht öffnen. Als ich das Abteil verließ, um das Treiben etwas zu
beobachten, kam sofort der Zub angewackelt, um mich wieder ins Abteil
zu schicken.
Es hat schon ewig gedauert, bis die den Zug positioniert hatten. Das machen
die mit Hupsignalen. So wie ich das beobachtet habe, gibt es da folgenden
Befehlscode.
1x Hupen: vorwärts
2x Hupen: rückwärts
3x Hupen: stop
Und auf dem Kompromißgleis soll wohl nur halbe Schrittgeschwindigkeit
gefahren werden.
Post by Johannes Mueller
Und dann geht's ständig: "Hup" (Zug fährt vorwärts) nach drei Metern: "Hup
Hup Hup" (Zug hält ruckartig) "Hup Hup" (Zug fährt rückwärts) "Hup Hup Hup"
() "Hup" () "Hup Hup Hup" () "Hup" () "Hup Hup Hup" etc.
Wenn der Zug dann steht, dauert es wohl deshalb so lange, weil die die
Drehgestelle nacheinander austauschen. Das wäre wohl parallelisierbar.
Bei mehr Personal. In Brest habe ich Umspurung von 12 Wagen in 45
Minuten erlebt, aber die hatten seinerzeit auch mehr grenzüberschreitende
Reisezüge, mit denen die Anlage ausgelastet werden konnte.

Herr Willms
2011-09-20 09:57:36 UTC
Permalink
Am Mon, 5 Sep 2011 18:25:27 UTC, schrieb Patrick Rudin
Post by Patrick Rudin
Post by Johannes Mueller
In Warschau wachte ich auf und schaute mir von der Weichselbrücke kurz die
Stadt im Morgengrauen an. In Dorohusk kam die polnische Grenzkontrolle,
kurz darauf rollte der Zug weiter, der ukrainische Zoll kam und es ging in
die Umspurhalle. Das Umspuren dauerte fast zwei Stunden. Insgesamt verliert
der Zug an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine drei Stunden.
Was dauert beim Umspuren denn so lange? Müssen die quasi jeden Wagen
einzeln entsichern, durchfahren und dann wieder stehend sichern, bevor
das beim nächsten Wagen geschieht?
Die RZD will sich einige Talgo-Schlafwagenzüge mit automatischer
Spuranpassung für den Verkehr nach Berlin anschaffen. Damit sollte das
wenigstens auf dem Verkehr Berlin <--> Moskau beseitigt sein, nicht
jedoch Berlin <--> Kiew.


MfG,
L.W.

-----------------------------------------------------
Wenn die Milch sich in den Kaffee integriert,
dann ändert der Kaffee seine Farbe.
Falls nicht, ists kein Kaffee, sondern Altöl
U***@web.de
2018-11-24 14:40:11 UTC
Permalink
Post by Johannes Mueller
Ludwigsburg ab: Mi 13.07. 12:31 RBxxxx
Stuttgart Hbf an: 12:43
ab: 12:51 ICE598
Berlin Hbf an: 18:56
ab: 21:04 D445/D30
Kiev Pass an: Do 14.07. 21:05
Viele Leute waren im Vorfeld erstaunt über meine Antwort auf die Frage, wie
oft ich auf der Fahrt nach Kiew umsteigen müsste. Ich hätte auch zwei
Stunden später losfahren können, dann hätte ich in Berlin aber nur wenig
Zeit gehabt noch etwas zu essen. Eine Stunde später wäre auch noch
gegangen, hätte aber mehr Umstiege bedeutet. Ich hatte an dem Tag eh schon
Urlaub.
Der ICE598 war mäßig besetzt. Ich fand leicht einen Platz mit Tisch. Als
der Zug losfuhr blickte ein Herr Ende fünfzig am Tisch auf der anderen
Seite des Ganges von seinem Rechner auf und fragte mich in gebrochenem
Deutsch, ob wir gerade in Stuttgart seien. Ich bejahte
Wurde letztens in Darmstadt angesprochen, ob der Twindex der Zug nach
Sutukata sei.

Nein, er war nicht, aber ich brachte ein paar Augenblicke, um die
Schwabenmetropole als Fahrtziel zu unterstellen.

Gruß, ULF
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